Grabstein mit QR-Code: Mit dem Smartphone zur Trauerseite

Ein Kölner Steinmetz hat Gedenkstätten mit QR-Codes entwickelt. Sie verweisen auf Infos im Internet.

Köln. Auf den ersten Blick sieht der graue Stein in Andreas Rosenkranz’ Werkstatt „Steinart“ aus wie andere Grabsteine auch. Doch geht man näher an das Kreuz heran, sieht man einen QR-Code.

Der Quick-Response-Code (Quick Response: schnelle Antwort) funktioniert ähnlich wie ein Strichcode, vermittelt aber mehr Informationen. Wer ein Smartphone vor den Code am Grabstein hält, wird über ein Programm (QR-Code-Reader) auf eine Trauerseite im Internet weitergeleitet.

In seiner Werkstatt im Norden Kölns hat der Steinmetz und Bildhauer monatelang an seiner Erfindung getüftelt. „Es gab vorher schon Plaketten auf Grabsteinen, aber das war mir etwas zu popelig“, sagt Rosenkranz. Er arbeitete an einer Methode, den Code direkt in den Stein zu bringen.

Das war anfangs gar nicht so leicht. Es ist eine Feinarbeit, die kleinen Pixel in den Stein zu bringen. Mit dem Ergebnis bewirbt er sich nun bei einem Wettbewerb.

„Wir sind im Jahre fünf nach dem Smartphone, deshalb denke ich, dass es Zeit ist für QR-Codes auf Grabsteinen“, sagt Rosenkranz, die Zigarette im Mundwinkel. Den ersten Grabstein hat er tatsächlich schon verkauft, nach Bergisch Gladbach. „Der Code verweist auf die Wikipedia-Seite des Verstorbenen.“

Der große Vorteil an den Codes: „Der Grabstein ist fertig, aber die Trauerseite im Netz lässt sich ändern.“ Rosenkranz sieht es als gute Möglichkeit für die Angehörigen, an einem virtuellen Ort zusammenzufinden und ihre Trauer zu verarbeiten. Er hinterfragt aber auch, ob Trauer durch solche Foren nicht auch verlängert wird.

Allgemeine Kritik an den QR-Codes kann Rosenkranz dennoch nicht nachvollziehen. „Auf Amrum und Föhr gibt es sogenannte ,sprechende Grabsteine’, die Menschen haben nicht nur Name und Geburtsdatum, sondern mehrere wichtige Stationen im Leben auf den Stein schreiben lassen“, sagt Rosenkranz.

Die QR-Codes stünden in dieser Tradition, nutzten aber die zeitgemäßen Medien. Gegen QR-Codes gebe es keine Argumente, deshalb würden Gegner Angst schüren.

Rosenkranz glaubt trotzdem, dass die QR-Codes sich in den nächsten 20 Jahren durchsetzen werden. „Auch wenn sicherlich irgendwann die erste Trauerseite auch gehackt wird.“ Der Steinmetz fürchtet deshalb schon Verordnungen und Vorgaben für die Codes und die Inhalte der Seiten. „Es gibt Firmen, die ein Geschäft darin wittern.“

Sobald es aber zu viele Regeln und Verbote gebe, höre die Freiheit und der Spaß auf. „Dann liegt man virtuell in einer Kiste.“ Das kritisiert Rosenkranz insbesondere, weil die Gestaltungsfreiheit schon auf den Friedhöfen eingeschränkt ist. Dort gilt nämlich noch die erste Friedhofsordnung von 1937. „In England gibt es eine Replik eines Autos aus Granit als Grabstein, das wäre hier nicht erlaubt“, erklärt Rosenkranz.

Da sich immer mehr Menschen verbrennen lassen und auch durch die Mobilität der möglichen Friedhofsbesucher, verliert der Friedhof an Bedeutung. „Bei den kleinen Urnenfeldern fragt man sich, was man noch gestalten soll“, sagt Rosenkranz, der nur individuelle Grabsteine verkauft. „Keine Massenware, womöglich noch mit Swarovskisteinchen.“

Für kleine Urnengräber böten sich QR-Codes als Zusatzmöglichkeit an. „Wer seine ewige Ruhe haben will, bleibt eben offline.“

Was nach den QR-Codes auf den Friedhöfen kommt, mag Rosenkranz nur vermuten: „Vielleicht gibt es in zehn Jahren eine Möglichkeit, ein 3-D-Hologramm das Toten zu projizieren, das weiß keiner.“

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