Igel: Der mit der Schlange spielt

Im Herbst haben es Igel schwer: Falsch verstande Tierliebe der Menschen gefährdet ihr Leben.

Wuppertal. Ein kleiner Geheimniskrämer ist er, der Igel! So friedlich, niedlich, nützlich kommt er daher. Doch wenn er uns seinen stacheligen Rücken zukehrt und im Gebüsch verschwindet, dann wird er zum reißenden Raubtier, isst Giftkäfer und speit sich mit stinkender Spucke voll. Trotzdem ist er eins unserer beliebtesten Wildtiere. Nicht gefährlich, aber gefährdet: Jetzt im Herbst haben’s vor allem Igelkinder schwer, werden oft zum Opfer falsch verstandener menschlicher Zuwendung. "Der Igel ist sehr schutzbedürftig, aber er ist kein Haustier", mahnt Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Denn immer wieder werden junge Igel ins Haus geholt, mit Milch gefüttert, was ihnen gar nicht bekommt. Für geschwächte Igel ist schon der kleinste Fehler in der Nahrung fatal Kornelia Dudziak von der Wuppertaler Igelschutz-Interessengemeinschaft: "Tierfreunde, die es wirklich gut meinen, rufen im Notfall Fachleute zu Hilfe." Für geschwächte Igel sei schon der kleinste Fehler etwa in der Nahrung fatal. Viele Menschen meinen’s gut, mögen Igel. Schon weil sie so gemütlich schnüffeln und mitunter zahm werden. Dabei erkennen sie Menschen höchstens als große graue Schatten. Schlecht nämlich, wissen Biologen, ist’s um das Sehvermögen der Igel bestellt. Sie sind halt Riechtiere, ihre Nase führt sie. Manchmal leider in die Irre: Deutschlands Straßen sind wahre Igel-Massengräber, kommt dort doch im Durchschnitt alle 111 Meter ein Igel zu Tode. Igel sind keine geübten Verkehrsteilnehmer. Sondern Insektenfresser. Zu dieser Ordnung der Säugetiere gehören die stacheligen Vierbeiner - noch: Manche Wissenschaftler zweifeln mittlerweile aufgrund genetischer Untersuchungen, ob Igel wirklich eng mit anderen Insektenfressern wie Spitzmäusen verwandt sind. Gemeinsam sind ihnen auf jeden Fall die spitzen Zähne und die Giftmischerei. Zwar wurde beim Igel kein Giftstoff im Speichel wie bei der Spitzmaus nachgewiesen. Aber er selbst vertilgt unbeschadet manch tierische Gifte, sogar ein Vielfaches der für Menschen tödlichen Menge an giftigen Ölkäfern. Auch das Gift der Kreuzotter verträgt ein Igel besser als andere Tiere, ist zusätzlich durch seine Stacheln geschützt. So scheint er mit der Viper zu spielen - und packt zu. Ein hungriger Igel macht sich nicht die Mühe, gefangene Schlangen, Vögel oder Mäuse zu töten, hält sie mit den Pfoten fest und reißt mit den spitzen Zähnchen Stück für Stück ab. Meist jedoch begnügt er sich mit Insekten, Spinnentieren, Früchten - und Schnecken, was ihn zum Nützling macht. Auf Nahrungssuche kommt er auch in unsere Gärten, aber oft vergeblich. "Viele Gärten sind so steril, da finden Igel gar nichts", klagt Igel-Expertin Kornelia Dudziak. "Nicht einmal Versteckmöglichkeiten für den Winterschlaf oder die Paarung im Frühjahr." Dabei gehe es, so ein alter Witz, "ganz vorsichtig" zu. Was Unsinn ist: Das Weibchen legte seine Stacheln flach an, so dass selbst ein ungestümes Männchen sich nicht piekst. Warum aber zerkaut der Igel stinkende Kadaver oder faule Früchte und bespuckt dann sein Stachelkleid? Noch haben die Forscher keine Erklärung dafür. Er ist eben ein Geheimniskrämer, der Igel. Igel - Wer, Wo, Was Steckbrief Ein europäischer Igel wird bis zu 30 Zentimetern lang, ist ein dämmerungs- und nachtaktiver Einzelgänger. Bei Gefahr kann er sich Stunden lang zusammenrollen und seine etwa 8000 Stacheln als Schutz nach außen strecken. Zu seinen Fressfeinden gehören Marder, Hunde, Eulen. Vorkommen Igel leben in buschreichem Gelände, aber auch in Wohngebieten mit naturnahen Grünanlagen und Gärten mit Durchschlupfmöglichkeiten. Hecken, Reisig- oder Laubhaufen sind beliebte Igelquartiere für den Winterschlaf. Hilfe Wie jedes geschützte Tier darf ein Igel nur in Notfällen aufgenommen werden. Gefährdet sind junge Igel, die bis Ende Oktober 400 /Gramm und bis Ende November 500 Gramm wiegen. Kranke oder geschwächte Tiere sollten schnell in einem Karton mit Zeitungspapier zu Igelstationen oder Tierärzten gebracht werden. Vorübergehend helfen Wasser und Igel- oder Katzenfutter. Infos und Adressen: Igel-Hotline 0180-5555-9551. www.igelschutz-ev.de www.proigel.de www.nabu.de www.tierschutzbund.de

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