Insel-Alltag nach der Tragödie —zwischen Trauer und Tourismus

Seit der Havarie des Kreuzfahrtschiffes hat sich auf Giglio das Leben verändert.

Giglio. Während Angehörige der Vermissten am Morgen die Treppen des Gotteshauses Chiesa dei Santi Lorenzo e Mamiliano hinabsteigen, legt einen Steinwurf entfernt die nächste Fähre an. Sie bringt Schaulustige auf die Insel. In dieser Woche kamen bereits Tausende. Schon an Bord werden Kameras und Handys gezückt, für Schnappschüsse von der gekenterten „Costa Concordia“. Wenige Meter entfernt, vor der Kirche, liegt zeitgleich eine weinende Frau in den Armen eines Feuerwehrmanns.

Zwei Familien aus Frankreich, die den Gottesdienst besuchen, trauern um ihre Angehörigen. „Auch wenn wir sie verloren haben, Gott hat sie nicht verloren. Der Mensch ist nicht allmächtig“, sagt der Priester in der Kirche. Aus Respekt vor den Trauernden sind Kameras und Fotografen bei der Messe in Giglio nicht erwünscht.

„Es geht hier um Menschen, nicht um Zahlen“, mahnt Franco Gabrielli, Einsatzleiter der Rettungskräfte. Auf einer Pressekonferenz entbrennt eine hitzige Diskussion, warum seit Tagen unterschiedliche Statistiken und Listen zu den Vermissten kursieren. Am Ende muss Gabrielli einschreiten: 24 Frauen, Männer und Kinder sind noch immer verschollen.

An diesem Sonntag sind neben den Franzosen auch Angehörige von Opfern und Vermissten aus Indien, Peru und Italien auf der Insel. Der Chef der Reederei spricht mit ihnen, auch der französische Botschafter aus Rom ist dabei. Psychologen bemühen sich um die Trauernden.

13 Tote wurden bis zum neunten Tag nach dem Unfall geborgen, acht identifiziert, auch ein Deutscher ist dabei. Der deutsche Botschafter Michael H. Gerdts war am Samstag angereist. Er sprach von den Bemühungen des Auswärtigen Amtes und der heimischen Behörden bei der Unterstützung der betroffenen Deutschen. „Irgendwann werden auch sie nach Giglio kommen wollen, um Abschied zu nehmen.“

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