JVA Willich: Gefängnis-Chefin am Pranger

Internet-Video soll Leiterin der JVA Willich 2 in Verruf bringen. Der Fall hat Auswirkungen bis ins Justizministerium.

Willich. Ist es Rache? Und wenn ja, — wofür? Ein bislang Unbekannter erhebt in einem Video auf der Internetplattform youtube schwere persönliche Vorwürfe gegen die erst Anfang Februar offiziell ins Amt eingeführte Leiterin des Willicher Frauengefängnisses, Ulrike Böhme (57).

Der Mann, nach eigenem Bekunden verurteilter Bankräuber mit verbüßter dreijähriger Haftstrafe, behauptet in dem Fünf-Minuten-Video, er habe Böhme als JVA-Beamtin vor längerer Zeit im Gefängnis kennengelernt und nach seiner Entlassung mit ihr über mehrere Jahre eine private Beziehung gepflegt.

Zugleich erhebt der Mann heftige persönliche Vorwürfe, in denen es um Alkohol, Führerscheinverlust und von der Diplompsychologin erstellte Gutachten über Strafgefangene geht.

Im Gespräch mit unserer Zeitung wies Ulrike Böhme die Vorwürfe entschieden zurück. Insbesondere treffe der Vorwurf nicht zu, sie habe unter Alkohol Gutachten über Strafgefangene verfasst. Böhme, die in den vergangenen Jahren auch mehrere Jahre im NRW-Justizministerium tätig war: „Ich habe seit gut zehn Jahren kein Gutachten mehr geschrieben. Und bei den Gutachten davor war selbstverständlich nie Alkohol im Spiel.“

Sie wünsche sich jetzt vor allem, dass das Video so schnell wie möglich aus dem Internet verschwinde, sagt Böhme. Sie habe dazu bereits eine Kanzlei in Köln beauftragt. Medienanwalt Marcel Leeser bestätigt: „Wir werden dieses Video schnellstmöglich aus dem Internet entfernen lassen.“ Weitere rechtliche Schritte, darunter zunächst eine Abmahnung für den Verfasser des Videos, werden derzeit geprüft.

Der Fall hat auch Auswirkungen bis ins NRW-Justizministerium als oberste Dienstbehörde der JVA-Leiterin. Dort gibt man sich allerdings ausgesprochen zugeknöpft. „Wir prüfen diesen Fall, der uns seit knapp einer Woche bekannt ist, sehr genau“, war die einzige Erklärung, die sich Ministeriumssprecher Detlef Feige abringen mochte.

Feige ist möglicherweise deshalb so zurückhaltend, weil der Vorgang für seinen Minister Thomas Kutschaty (SPD) äußerst ungelegen kommt. Denn erst vor wenigen Tagen hatte Kutschaty den Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bochum nach einer Serie von Ausbrüchen entlassen.

Zuvor hatte der Minister den Rechtsausschuss des NRW-Landtags falsch informiert, weil er den Darstellungen des jetzt suspendierten Anstaltsleiters geglaubt hatte. Dafür musste sich der Minister vor dem Gremium sogar entschuldigen. Einen weiteren Skandal, in den die Leitung einer JVA verwickelt ist, kann er deshalb nicht brauchen.

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