Kein Untergang: Warum wir doch noch leben

Die Maya sollen für heute das Ende der Menschheit vorausgesagt haben. Ein Experte erklärt, weshalb das eher ein Marketing-Trick ist.

Düsseldorf. Die Maya sollen für heute das Ende der Menschheit vorausgesagt haben. Ein Experte erklärt, weshalb das eher ein Marketing-Trick ist.

Herr Gronemeyer, die Welt dreht sich noch. Was ist da falsch gelaufen bei den Maya?

Sven Gronemeyer: Tatsächlich gibt es nur eine Quelle, die eindeutig auf das Datum Bezug nimmt, das in unserem Kalender gleichbedeutend ist mit dem 21.12.2012. Das ist das „Tortuguero Monument 6“.

Und was besagt dieses Monument?

Gronemeyer: Es besagt, dass eine Gottheit — Balun Yokte’ — in ein Amt eingesetzt wird, um den Übergang von einem Zyklus im alten Maya-Kalender in die nächste Kalenderperiode zu überwachen. Von einem Weltuntergang ist aber nicht die Rede.

Woher kommt dann die Idee?

Gronemeyer: Seit Mitte der 70er Jahre existieren erste Ideen zu einem Untergang. Der Mayanist Michael Coe ging davon aus, dass der Kalender endet und wählte dafür das Wort „Armageddon“, die Entscheidungsschlacht in der Offenbarung des Johannes. Richtig an Fahrt gewannen die Untergangstheorien erst gegen 2006 — befördert durch das Internet.

Also haben sich Wissenschaftler einfach nur ungenau ausgedrückt?

Gronemeyer: Das mag sein, gerade Coes Äußerungen waren sehr markig. Aber selbst wenn wir uns präzise äußern, mag das missverstanden werden. Grundsätzlich kann man immer alles mögliche in alles hineininterpretieren, Herr von Däniken (Schriftsteller, der an Außerirdische glaubt, Anm. d. Red.) ist hierin ein Meister. Und sind Meinungen oder Gerüchte erst einmal in der Welt . . . man denke nur an den „Fluch des Pharao“. Zum anderen denkt ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung, dass von Däniken oder andere Personen durchaus „Wissenschaftler“ seien.

Gab es denn Anhaltspunkte für das drohende Ende der Welt?

Gronemeyer: Es gibt eine Passage auf Monument 6, eine Hieroglyphe, die als das Zeichen für „schwarz/dunkel“ angenommen wurde. Ebenso wurde von einem „Abstieg“ des Gottes Balun Yokte’ ausgegangen. In Kombination lassen sich daraus natürlich apokalyptische Versionen zurechtspinnen. Aber diese Lesarten erwiesen sich als Irrtum.

Wie erklären Sie sich die Aufregung um 2012?

Gronemeyer: Eine gute Frage, über die ich selbst auch nur Mutmaßungen anstellen kann. Sicher handelt es sich bei 2012 um eine Projektion westlicher Vorstellungen und Erwartungen auf den Maya-Kalender. Mein Kollege Erik Velaquez aus Mexiko nannte es so schön einen „Marketing-Trick“. Mit den Ängsten der Menschen lässt sich immer Geld verdienen. Offenbar besteht tief im Menschen das Bedürfnis, die Zukunft zu kennen. Sonst hätte auch Nostradamus nicht immer mal wieder Konjunktur.

Aber warum gerade die Maya?

Gronemeyer: Alten Kulturen wird gerne ein spezielles Wissen nachgesagt. Insofern taugt der Kalender einer vermeintlich „exotischen“ Kultur als Vehikel.

Müssen wir denn irgendwann mit dem „Weltuntergang“ rechnen?

Gronemeyer: Inschriften mit ähnlichem Potenzial wären mir nicht bekannt. Aber niemand weiß, was jemand in etwas hineininterpretieren wird oder welche Inschriften noch auftauchen.

Hat dieses Datum bei den Maya auch so viel Wirbel ausgelöst?

Gronemeyer: Hätte das Ende dieser Kalenderperiode zu klassischen Zeiten eine große Bedeutung gehabt, müssten wir mehr Inschriften haben, die hierauf Bezug nehmen. Inhaltlich berichtet nur Tortuguero über dieses Ereignis.

Und wie steht es um die anderen Theorien zum Weltuntergang?

Gronemeyer: Die gängigste Theorie ist eine bestimmte Konstellation der Erde mit der Sonne zum galaktischen Äquator inmitten des dunklen Staubbandes um den Galaxienkern. Die basiert aber auf einer Täuschung. Dann ist eine Pol-Umkehr im Gespräch, ausgelöst durch eine Sonneneruption. Da wird vergessen, dass eine Ausrichtung der Pole permanent stattfindet. Eine dritte Theorie besagt, dass der „Planet X“ mit der Welt zusammenstoßen wird. Auch das wird weder heute noch irgendwann passieren.

Wo verbringen Sie heute den Tag des „Weltuntergangs“?

Gronemeyer: Ich bin in Bonn und trinke einen Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt.

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