Kleinkind stirbt nach Unterernährung an Herzversagen

Aldingen (dpa) - Wenige Tage vor dem zweiten Geburtstag ist ein Mädchen in Baden-Württemberg an Verwahrlosung gestorben. Todesursache war laut Obduktion ein verzögertes „Herz-Kreislaufversagen bei starker Auszehrung und Flüssigkeitsmangel“, wie die Polizei am Dienstag mitteilte.

An der Leiche sei darüber hinaus ein „deutlich reduzierter äußerlicher Pflegezustand“ sowie ein „extrem reduzierter Ernährungszustand“ festgestellt worden. Die Familie wohnte in einem Mehrfamilienhaus in der knapp 7600 Einwohner zählenden Gemeinde Aldingen.

Die beiden Geschwister kamen bei Pflegefamilien unter. Dem fast dreijährigen Jungen und seinem neun Jahre alten Bruder gehe es gesundheitlich gut, sagte ein Sprecher des Kreisjugendamtes der Nachrichtenagentur dpa. Die Beiden seien jedoch traumatisiert, sie würden psychologisch betreut. Die Schwester der beiden war am Sonntag - wenige Tage vor ihrem Geburtstag - tot aufgefunden worden.

Die Mutter der drei Kinder sitzt in Untersuchungshaft. Ihr wird Totschlag durch Unterlassen vorgeworfen. Die junge Frau verweigere die Aussage, sagte ein Polizeisprecher.

Das kleine Mädchen sowie ihre Geschwister hatten die gesamte Nacht zum Pfingstsonntag und auch den Morgen alleine in der Wohnung verbracht. Als die 24 Jahre alte alleinerziehende Mutter nach Hause kam, war das Mädchen nach Polizeiangaben tot.

Den alarmierten Beamten sowie dem Notarzt seien sofort die desolaten Wohnverhältnisse der Mutter und ihrer drei Kinder sowie die offensichtliche Verwahrlosung des toten Mädchens aufgefallen.

Das Kreisjugendamt Tuttlingen hat die Familie den Angaben zufolge zuletzt im März 2012 besucht. Dabei seien „keine Unregelmäßigkeiten“ festgestellt worden, teilte die Polizei weiter mit. Anhaltspunkte für Versäumnisse des Kreisjugendamtes gebe es nicht.

In den vergangenen zwei Jahren hatte es immer wieder Alarmzeichen gegeben, sagte Tuttlingens Landrat Stefan Bär (Freie Wähler) am Dienstag der dpa. Im Juni 2010 alarmierte eine Nachbarin die Behörden, weil sie sich Sorgen um das damals neugeborene Mädchen machte. Vor wenigen Wochen machte ein Schulleiter auf den älteren Jungen aufmerksam.

Es habe seit Juni 2010 mehrere unangekündigte Besuche durch Mitarbeiter des Kreisjugendamtes gegeben, die Mutter habe sich betreuen und beraten lassen, sagte Bär. „Wir haben festgestellt, dass die Familie in einer schwierigen Situation, die Mutter am Rande ihrer Möglichkeiten war. Aber eine Verwahrlosung oder eine andere akute Gefährdung der Kinder war nicht feststellbar.“ Noch Ende März „gab es keine Anzeichen, dass die Situation außer Kontrolle gerät“. Das Mädchen habe einen gesunden und aufgeweckten Eindruck gemacht.

Im Mai seien mit der Mutter zwei Termine vereinbart gewesen, sagte Bär weiter. Diese seien von der 24-Jährigen aber nicht wahrgenommen worden, danach sei der Kontakt abgebrochen. Hinweise auf ein Fehlverhalten des Jugendamtes gebe es nicht. Der Fall werde aber weiter untersucht.

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