Kleve: Kurde bestreitet Mord an seiner Tochter

Kleve (dpa). Ein 49-jähriger Kurde hat am Freitag in Kleve bestritten, seine eigene Tochter der Familienehre wegen ermordet zu haben. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe träfen nicht zu, ließ der Vater von zehn Kindern über seinen Verteidiger beim Prozessauftakt vor dem Landgericht erklären.

Die Mitangeklagten, der Bruder des Opfers und ein Bekannter der Familie, schwiegen zu den Vorwürfen.

Das Trio ist wegen gemeinschaftlichen Mordes angeklagt. Die Familie war vor etwa 15 Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Der Vater soll seine Kinder "nach den traditionellen Regeln der Kurden und des Korans" erzogen haben. Weil das 20-jährige Mordopfer keine Jungfrau mehr war und heimlich abgetrieben hatte, sollen der konservativ-muslimische Vater und der Bruder beschlossen haben, die junge Frau umzubringen, als sie davon erfuhren.

Ihr Motiv sei gewesen, "die Familienehre wieder herzustellen", so die Anklage. Der 20-jährige Drillingsbruder der Ermordeten hatte nach seiner Festnahme im April die Tat in einer Polizeivernehmung gestanden. Die Frau sei "einem schrecklichen Verbrechen zum Opfer gefallen", sagte der Vorsitzende Richter Christian Henkel am Freitag.

Unter dem Vorwand, ihr Fahrrad gefunden zu haben, soll der Bruder die 20-Jährige Anfang März im niederrheinischen Rees zu einem einsamen Feldweg gelockt haben. Während die junge Frau mit der Taschenlampe nach ihrem Rad suchte, habe der Bruder ihr von hinten ein Seil um den Hals gelegt und sie bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt. Dann hätten er und der 32-jährige Bekannte aus Russland das Gesicht der 20-Jährigen mit Knüppeln bis zur Unkenntlichkeit zertrümmert.

Ein Spaziergänger hatte die grausam zugerichtete Leiche der jungen Frau an dem Feldweg entdeckt. Heute rahmen dort Pflastersteine eine kleine Gedenkstätte am Fuße eines Baumes. Trauernde haben dort Blumen und eine Engelsfigur aufgestellt. Am Baumstamm hängen Fotos der hübschen Gülsüm. Als ihr Bruder den Gerichtssaal betritt, hat er seine schwarze Jacke über den Kopf bis tief ins Gesicht gezogen.

Auf die Fragen des Gerichts antwortet der 20-Jährige knapp, sagt, dass er etwa sechs Jahre alt war, als die Familie nach Deutschland kam. Er habe die Hauptschule besucht und bei einer Zeitarbeitsfirma gearbeitet. Dann kündigt sein Anwalt an, dass sämtliche als Zeugen geladene Familienmitglieder die Aussage verweigern werden.

Der Verteidiger des mitangeklagten Bekannten schilderte, dass der 32-Jährige im Mai 2007 aus Russland nach Rees gekommen sei, wo er Asyl beantragt habe. Mehrmals habe er Ärger mit der Polizei gehabt. Als sein Asylantrag abgelehnt wurde, wollte er ausreisen. Es habe jedoch Probleme mit seinen Papieren gegeben.

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