Krahestraßen-Prozess Düsseldorf: Heinz Nieder kam – und schwieg

Elf Jahre nach der Explosion an der Krahestraße mit sechs Toten sitzt der 48-Jährige wieder auf der Anklagebank.

<strong>Düsseldorf/Duisburg. Kommt er oder kommt er nicht? Das war am Donnerstag die meist gestellte Frage vor Beginn des Krahestraßen-Prozesses am Duisburger Landgericht. Und Heinz Nieder kam. Mit Sonnenbrille, Baseballkappe, Drei-Tage-Bart und Hörgerät erschien der ehemalige Besitzer des Hauses Krahestraße Nummer acht zur dritten Auflage eines der längsten Mordprozesse Deutschlands. Mit drei Minuten Verspätung hastete der 48-Jährige unter dem Blitzlichtgewitter der Fotografen in den Saal. Wieder einmal muss er sich wegen sechsfachen Mordes verantworten. Rückblick: Im Juli 1997 war das Haus an der Düsseldorfer Krahestraße explodiert. Sechs Menschen starben, zwei weitere Bewohner konnten unter den Trümmern gerettet werden. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil gegen Nieder im vergangenen Jahr wegen eines Rechtsfehlers bereits zum zweiten Mal auf und verwies den Fall an das Duisburger Landgericht. Zum Prozessauftakt war außer den Räumlichkeiten alles wie immer: Während Nieder schwieg und keinerlei Regung zeigte, saß ihm Teresa Rucinska gegenüber. Die 67-Jährige hatte bei der Katastrophe ihre Tochter Mariola verloren, sie selbst überlebte schwer verletzt, noch heute muss sie ein Stützkorsett tragen. Kaum einen der insgesamt rund 300Verhandlungstage hat sie ausgelassen. "Es kommt alles wieder hoch", sagte sie, während sie ihre Tränen hinter einer dunklen Sonnenbrille versteckte. Von dem ihr zugesprochenen Schmerzensgeld in Höhe von 40000 Euro, habe der 48-Jährige bislang keinen Cent gezahlt. Ungewohnt: Neben ihr durfte nicht ihre langjährige Dolmetscherin Bozena Hoffmann Platz nehmen, sondern ein vom Gericht bestellter Übersetzer.

Viele Zuschauer waren eigens nach Duisburg gefahren

Bozena Hoffmann kam trotzdem - und mischte sich unter die Zuschauer. "Das Verfahren und Teresa Rucinska liegen mir sehr am Herzen", erklärte sie. Selbst die Senioren, die tagtäglich das Düsseldorfer Landgericht besuchen, waren eigens nach Duisburg gefahren. "Nieders Auftritt lassen wir uns nicht entgehen", sagten sie unisono. Lange war gerätselt worden, ob Nieder, der sich nach mehr als acht Jahren Untersuchungshaft seit Ende 2005 auf freiem Fuß befindet, überhaupt vor Gericht erscheint. Denn eine Verurteilung zu lebenslanger Haft ist wahrscheinlich. "Es ist ein höchst ungewöhnlicher Fall", sagte der Vorsitzende der Schwurgerichtskammer. Die Zuschauer vertröstete er auf den nächsten Freitag: Angeblich will Nieder dann aussagen. Chronik

Die Katastrophe Am 24. Juli 1997 explodiert um 3.04 Uhr das Haus Krahestraße Nummer 8. Traurige Bilanz: sechs Tote, zwei Schwerverletzte.

Die Verdächtigen Hausbesitzer Heinz Nieder und Dachdecker Udo Schmitz geraten in Verdacht. Sie sollen bereits 1996 eine Brandstiftung in Auftrag gegeben haben.

Das Motiv Die Bewohner sollen einer Sanierung im Weg gestanden haben.

Prozess I Am 26. Juli 1999 beginnt der Prozess. Am 16.August 2001 werden die beiden Angeklagten zu lebenslanger Haft verurteilt.

Die Revision Während die Strafe gegen Schmitz rechtskräftig bleibt, muss das Verfahren gegen Nieder neu aufgerollt werden.

Prozess II Im Februar 2004 beginnt der zweite Prozess. Im Mai 2006 wird Nieder wegen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion zu 13Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Staatsanwaltschaft und Nebenkläger legten Revision ein.

Die zweite Revision Am 26.Juli 2007 hebt der BGH das Urteil auf und verweist das Verfahren nach Duisburg.

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