„Lechaim“: Auf das Leben - Wein aus Israel

Rebensaft aus Israel? Experten schwärmen mittlerweile von den Tropfen aus dem Heiligen Land. Eine Weinprobe vor Ort.

„Lechaim“: Auf das Leben - Wein aus Israel
Foto: dpa

Jerusalem. „Ich wollte nie Winzer werden“, sagt Eli Ben Zaken. Aus Ägypten kam er vor 40 Jahren nach Israel und lebte mit Hühnern und Pferden in der Agrargenossenschaft Ramat Raziel westlich von Jerusalem, bis er sich entschloss, ein Restaurant zu eröffnen.

„Lechaim“: Auf das Leben - Wein aus Israel
Foto: Flam Winery

Seine Geschichte ist so überraschend wie die des israelischen Weins, der früher entweder zu süß oder zu flach war, nur eines nicht: ein guter Wein. Heute können israelische Cuvées mit einigen der besten Bordeauxweine mithalten, und Weinpapst Hugh Johnson gibt den Erzeugnissen von „Domaine du Castel“ seine Top-Note — vier Sterne.

„Lechaim“: Auf das Leben - Wein aus Israel
Foto: Domaine du Castel

Den Namen seines Weinguts hat Ben Zaken von einer nahegelegenen Kreuzfahrerburg entlehnt. Er klingt nicht umsonst französisch: Sein „Castel Grand Vin“ ist ein klassischer Bordeaux-Verschnitt aus Cabernet Sauvignon, Merlot, Petit Verdot, Cabernet Franc und Malbec, der 24 Monate in französischen Eichenfässern lagert.

Vor dem ersten Schluck steigt bereits der Duft schwarzer Beeren in die Nase, während Gaumen und Zunge den runden Geschmack erfassen, feine Tannine, die nicht dominieren, sondern die Aromen von Schattenmorellen, dunkler Schokolade und einer Prise Zimt binden. Dazu ein Hauch von Rosmarin, was daher rühren mag, dass der die Hänge der Jerusalemer Berge in dicken Matten bedeckt.

Ben Zakens Restaurant „Mamma Mia“ brummte. Was damals, in den 80ern, allerdings noch fehlte, war ein guter Wein. Ein wahrer Israeli ergreift in so einem Fall die Gelegenheit und experimentiert ein bisschen. Sieben Jahre nach dem Pflanzen der ersten Rebstöcke in Ramat Raziel waren die ersten Flaschen des „Grand Vin“ unterwegs zu einer befreundeten Weinexpertin in London. Deren Urteil: „Ein Spitzenwein!“

Der Weinbau auf diesem Flecken Erde wurzelt tief. In einem Dreieck zwischen dem See Genezareth, dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer vermutet man den Ursprung der Weinerzeugung, die vor 7000 Jahren begonnen haben dürfte. Zunächst die Juden, dann auch Griechen, Römer und Byzantiner haben in der südlichen Levante Traubensaft zu Wein vergoren.

Mit der islamischen Eroberung im 7. Jahrhundert kamen Weinerzeugung und -handel zum Erliegen. Mehr als tausend Jahre später besannen sich die zionistischen Pioniere im 19. Jahrhundert auf die Tradition, unter ihnen der französische Bankierssohn Edmond de Rothschild. Sein Unternehmen Carmel ist bis heute der führende Weinerzeuger Israels.

Von sich reden aber machen vor allem die kleinen Produzenten, die wie „Domaine du Castel“ und „Flam Winery“ um die 100 000 Flaschen im Jahr abfüllen. Ihre Geschichten sind es, die neugierig machen auf Weine „Made in Israel“. „In Polen haben Juden früher Rum über Rosinen gegossen und das als Wein getrunken“, sagt Israel Flam — und umreißt damit den Weg, den die Weinwelt seines Landes in kürzester Zeit zurückgelegt hat. Der 68-Jährige hat Weinbau im kalifornischen Davis gelernt und 35 Jahre bei Carmel gearbeitet.

Wein ist für fromme Juden ein wichtiger Bestandteil ihres Glaubens. Beim Seder-Mahl an Pessach etwa werden vier Gläser Wein getrunken. „Wein ist ein heiliges Erzeugnis“, sagt Flam. Das ist nicht unbedingt mit der Idee vereinbar, Wein einfach so zu genießen. Bis heute ist der Konsum im Land gering: Jährlich trinken Israelis vier bis fünf Liter, Italiener hingegen 70 Liter.

60 Prozent der Flam-Reben wachsen in Obergaliläa im Norden Israels, der Rest auf den Hängen des Judäischen Berglands, das sich westlich und südlich von Jerusalem erstreckt. In allen Lagen muss künstlich bewässert werden — ein Kapitel für sich. Sohn Gilad Flam sagt: „Unsere Vision ist, in Israel einen Premiumwein zu produzieren. Deshalb werden die Trauben auch mit der Hand gelesen.“ Das hat seinen Preis, zumal der israelische Staat Winzern keine Subventionen zahlt. „Ein Supermarktwein entsteht hier nicht.“

Koscher oder nicht — das ist eine immer wieder diskutierte Frage. Auf den Geschmack hat die Produktion nach den jüdischen Speiseregeln keinen Einfluss. Aber viele Winzer haben inzwischen auf koscheren Wein umgestellt, weil das ein Verkaufsargument ist.

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