Makabre Amok-Fälschungen

Im Netzwerk StudiVZ tauchten am Dienstag vorübergehend angebliche Profile der Amokläufer von Winnenden und Erfurt auf.

Düsseldorf/Winnenden. Es war vielleicht lustig gemeint, doch es ist bestenfalls makaber, auf jeden Fall aber geschmacklos: Nachdem zuvor bereits eine mutmaßlich gefälschte Ankündigung des Amoklaufs von Winnenden in einem Internet-Forum veröffentlicht worden war, haben zynische Fälscher jetzt erneut zugeschlagen. Am Dienstag war im sozialen Netzwerk StudiVZ ein Nutzerprofil zu finden, das den vollen Namen von Tim K.(17) verwendet, der bei seinem Amoklauf in Winnenden 15 Menschen und schließlich sich selbst erschoss.

Eine bewusste Fälschung: In dem Nutzerprofil wurde das Foto des Täters als Profilbild gezeigt sowie der Wohnort Winnenden angegeben. Unter der Rubrik "Was bin ich" stand "Amokläufer" zu lesen und unter dem Schlagwort Clubs, Vereine "Amok e.V.".

Dass viele Nutzer des Netzwerks diese Geschmacklosigkeit keineswegs teilen, zeigten die vielen negativen Einträge auf der Pinnwand, dem virtuellen Gästebuch von Nutzer Tim K. Die Kommentare reichten von "Du Idiot!" bis "Ihr habt doch einen Vollschuss".

Der erste Pinnwand-Eintrag allerdings stammt vom angeblichen Nutzer "Robert Steinhäuser" (richtig gelesen!), der in seinem Profil ebenfalls mit dem Bild des gleichnamigen Amokläufers von Erfurt auftritt. Er droht "Tim K.": "Ich bin und bleibe der Beste. Ist das klar?"

Von unserer Zeitung auf die gefälschten Profile angesprochen, löschte StudiVZ um kurz vor 16 Uhr das Profil "Robert Steinhäuser". Eine halbe Stunde später war auch das gefälschte Profil von "Tim K." aus dem Netz verschwunden. Eine offizielle, ausführliche Stellungnahme von StudiVZ gab es allerdings nicht. Es wurde lediglich mitgeteilt, dass StudiVZ die beiden Profile nicht habe finden können - nachdem sie bereits gelöscht waren...

Unter großer Anteilnahme von Schülern, Kollegen, Freunden und Angehörigen wurden am Dienstag zwei Lehrerinnen und ein Schüler beigesetzt, die von Amokläufer Tim K. erschossen worden waren. Eine der Pädagoginnen wäre an diesem Tag 25 Jahre alt geworden. Die andere war 26 Jahre alt und mit einem Polizisten verheiratet, der beim Einsatz gegen den Amokläufer vom Tod seiner Frau erfahren hatte. In München gedachten am Dienstag fast 200 Menschen auf dem Odeonsplatz der Opfer des Amoklaufs.

In Baden-Württemberg gibt es am Mittwoch um 10 Uhr eine landesweite Gedenkminute. Bei der zentralen Trauerfeier für die Opfer am kommenden Samstag werden dann nach ersten Schätzungen bis zu 100 000 Besucher in Winnenden erwartet - darunter Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

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