„Nichts beweist Täterschaft“

Im Prozess gegen Jörg Kachelmann haben seine Anwälte Andrea Combé und Johann Schwenn für seine Unschuld plädiert.

Mannheim. In jedem Strafverfahren hat der Angeklagte das letzte Wort. Kachelmann machte es kurz. Als der Vorsitzende Richter ihn fragte, ob er noch etwas sagen wollte, reagierte er, als habe man ihm einen Kaffee angeboten: „Nein, danke.“

Es war nach 43 Verhandlungstagen das lakonische Ende des spektakulären Prozesses — in der kommenden Woche will das Landgericht Mannheim sein Urteil verkünden. Am Dienstag unternahmen die Verteidiger Johann Schwenn und Andrea Combé einen letzten Versuch, das Gericht von der Unschuld des wegen Vergewaltigung angeklagten Fernsehmoderators zu überzeugen.

Schwenn lässt Combé den Vortritt. Da Schwenn erst nachträglich in das Verfahren einstieg, hat nur die Heidelberger Anwältin am gesamten Prozess teilgenommen. Und die Pflichtverteidigerin macht ihre Sache gut: Fast lehrbuchmäßig geht sie die Ergebnisse der Beweisaufnahme durch, dabei verzichtet sie auf rhetorische Effekthascherei ebenso wie auf polemische Attacken.

Mehr als drei Stunden plädiert Combé. Stück für Stück beleuchtet sie die einzelnen Beweismittel: den Bettbezug, das Küchenmesser. Nichts davon beweise die Täterschaft Kachelmanns. Vor allem hätten sich, so Combé, auf dem Messerrücken DNA-Spuren des mutmaßlichen Opfers befinden müssen. Dann betrachtet Combé die Verletzungen der Ex-Geliebten: Die Striemen am Hals, die Blutergüsse an den Oberschenkeln, die Schnittverletzungen an Bauch und Armen.

Eher beiläufig bemerkt die Verteidigerin, die Frau habe ihre Aussage zur Entstehung der Verletzungen „nach und nach dem Ermittlungsergebnis angepasst“. Und sie macht deutlich: Aus ihrer Sicht hat sich die 38-Jährige ihre Verletzungen selbst zugefügt. „Wer dazu bereit ist, eine Belastung wie im vorliegenden Verfahren über sich ergehen zu lassen, ist mit Sicherheit auch dazu bereit, sich physisch erhebliche Schmerzen beizufügen.“

Systematisch arbeitet sich Combé an der 38-Jährigen ab, zusammengekauert neben ihrem Anwalt sitzt, mit dem Rücken zum Publikum. Das Gesicht versteckt sie so gut es geht hinter ihren blonden Haaren. Zwischendurch schüttelt sie still den Kopf.

Stück für Stück zerpflückt Combé die Aussagen von Simone W. Sie zeige „Erinnerungslücken, die in Ausmaß und Gewichtung wissenschaftlich nicht nachvollziehbar sind“. Die Anforderungen an eine Belastungsaussage seien nicht erfüllt.

Schließlich versucht Combé, das Innenleben von Simone W. zu sezieren. Sie sei von „Rache und Hass“ getrieben gewesen, habe nach dem Motto gehandelt: „Du hast mich vernichtet, dann vernichte ich dich auch.“

Was die Verteidigung will, ist da schon klar: Sie wird einen Freispruch für Kachelmann fordern. Doch Johann Schwenn lässt es sich nicht nehmen, noch scharfe Kritik an der Staatsanwaltschaft zu üben. Bei den Ermittlern habe „unkontrollierte Empathie“ mit dem mutmaßlichen Opfer die Oberhand gewonnen — nach dem Motto „Tränen lügen nicht“.

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