Nie den Zeiger zurückdrehen!

Alte Uhren könnten am Samstag Schaden nehmen. Restaurator Siegmund Jeziorek gibt wertvolle Tipps.

Kürten. Da vergisst er die Zeit: Stundenlang könnte Siegmund Jeziorek über Uhren reden. Vor allem über die alten, mechanischen. Wer ihm zuhört, versteht, welche Kunstfertigkeit in diesen historischen Zeitmessern steckt.

Er erzählt von Pendeln, Zifferblättern und dem Einfallsreichtum ihrer Erbauer. "So etwas gibt es heute doch gar nicht mehr", sagt der 57-Jährige, und ein bisschen Wehmut schwingt in seiner Stimme mit. Vielleicht ist der "Uhrendoktor" deshalb am Tag der Umstellung von Sommer- auf Winterzeit immer mit ein wenig Bauchschmerzen unterwegs.

Bekanntlich werden kommende Nacht um drei Uhr die Uhren um eine Stunde zurückgestellt. Bei modernen Exemplaren ist das kein Problem, meist reicht da das Drücken von ein paar Knöpfen. Bei Funkuhren geht’s ganz automatisch. Aber wehe, der Laie dreht bei einem mechanischen Schätzchen den Zeiger einfach rückwärts gegen den Uhrzeigersinn.

"Bloß nicht, dann können Federn, Stifte oder Zähne brechen, das Schlagwerk Schaden nehmen", warnt Jeziorek, als leide er selbst mit den Antiquitäten. Deren Besitzer nimmt Jeziorek, der in Kürten im Bergischen Land seine Uhrenklinik betreibt, in Schutz. "Die wissen das ja nicht besser. Meistens sind diese alten Uhren Erbstücke."

Seine Tipps für die Umstellung: Am schonendsten sei es, die Uhr einfach eine Stunde anzuhalten. "Das kann man ja auch tagsüber machen und muss nicht bis drei Uhr warten", scherzt Jeziorek. Bei Pendeluhren reicht es dann, das Pendel zu stoppen. "Nach einer Stunde tippt man es an, und die Uhr läuft wieder." Wird die Uhr mit einem Schlüssel aufgezogen, sollte man den Schlüssel in das Aufzugloch stecken. Die Uhr bleibt stehen, wenn der Minutenzeiger an den Schlüssel stößt. Entfernt man ihn nach einer Stunde, dreht der Zeiger sich weiter.

Verliert er nicht potenzielle Kunden, wenn er solche Ratschläge gibt? "Wichtig ist doch, dass die Uhr läuft." Und bei einer Reparatur würde der Originalcharakter der Stücke immer ein bisschen verloren gehen. Dabei seien gerade die mechanischen Uhren eigentlich "für die Ewigkeit" gemacht worden. Der Uhrmachermeister schmunzelt. "Aber was heißt schon Ewigkeit?"

"Patienten" in seiner Uhrenklinik habe er genug. Die Konkurrenz sei überdies nicht mehr groß. "Uhrmacher wie ich sterben aus." Zwar gebe es auch heute "auf alt getrimmte" Uhren, letztlich blieben diese aber Repliken. Anstatt Kupfer und Messing - wie in der guten alten Zeit - würden nun Plastik und andere Kunststoffe verarbeitet. Vom Uhrwerk selbst gar nicht zu reden. "Quarzplage" nennt Jeziorek das. "Ich nehme nur Exemplare an, die mindestens 100 Jahre alt sind."

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