Ermittlungen Organisierte Kriminalität: "Zahle, oder ich mach' dich kalt"

Die Polizei hat eine Bande libanesischer Schutzgeld-Erpresser zerschlagen, die im Großraum Düsseldorf jahrelang Gewerbetreibende terrorisierte.

Düsseldorf. Kurz nach Mitternacht war es am Dienstag für zwei libanesische mutmaßliche Schutzgeld-Erpresser mit dem schönen Luxusleben vorbei: Mitglieder eines Sondereinsatzkommandos der Düsseldorfer Polizei ließen bei beiden die Handschellen klicken. Drei weitere mutmaßliche Bandenmitglieder wurden kurz darauf in ihren Wohnungen ebenfalls von SEK-Kräften verhaftet. Groß-Razzia als Abschluss einer monatelangen Ermittlungsarbeit Die Verhaftungen erfolgten im Zuge einer Groß-Razzia, bei der mehr als 300 Polizisten insgesamt 24 Wohnungen und Firmenräume in Düsseldorf, Neuss, Langenfeld, Essen, Monheim, Viersen, Remscheid und Leverkusen durchsucht hatten.

Die Razzia war vorläufiger Abschluss einer monatelangen Arbeit der Sonderkommission "Arsen, bei der verdeckte Ermittler ebenso eingesetzt worden waren wie Maßnahmen zur Telefon-Überwachung. "Vor zehn Monaten hatte sich eines der Opfer der Bande an uns gewandt", erklärt Polizeieinsatzleiter Wilhelm Schwerdtfeger. Der ebenfalls aus dem Libanon stammende Familienvater, der eine kleine Autowerkstatt betreibt, hatte der Bande monatlich "hohe fünf- bis sechsstellige Summen" zahlen müssen. Er war dabei von den Bandenmitgliedern mehrfach bedroht worden - unter anderem mit den Worten "Zahle, oder ich mach’ dich kalt."

Dabei zeigten die Täter Elektroschocker und Schlagringe. Zu direkter Gewaltanwendung sei es aber letztlich nicht gekommen, erklärt der für Organisierte Kriminalität zuständige Staatsanwalt Christoph Kumpa. Dies sei wohl auch nicht unbedingt nötig gewesen: "Allein das äußere Erscheinungsbild der Täter stellte bereits ein gewisses Bedrohungspotenzial dar. Die hätte man problemlos als Schwergewichtsboxer in jeden Ring stellen können." Zwar verweigern die Verhafteten jede Aussage, doch ist Kumpa sicher, den miteinander verwandten Bandenmitgliedern eine Vielzahl von räuberischen Erpressungen, Rauben und Hehlereien nachweisen zu können.

Das gilt auch für den Betreiber einer Fabrik, in der libanesisches Brot hergestellt wird. Auf deren Gelände im Düsseldorfer Stadtteil Wersten soll sich die Bande regelmäßig getroffen haben. "Der Betreiber der Brotfabrik ist für uns ganz klar ein Mittäter", unterstrich Staatsanwalt Kumpa. Er ließ offen, ob der Bande außer den fünf Verhafteten und dem Fabrik-Chef noch weitere Mitglieder angehören: "Die Ermittlungen werden noch eine geraume Zeit dauern."

Fest steht aber laut Kumpa schon jetzt, dass die mutmaßlichen Erpresser "nach bisherigen Erkenntnissen keine legalen Einkünfte" hatten - mit den Schutzgeldern aber einen höchst aufwändigen Lebensstil finanzierten. Kumpa: "Die fuhren mit ganz teuren Autos herum, und einige von denen hatten mehrere Freundinnen gleichzeitig."

Erpressungsopfer sind noch gar nicht alle bekannt

Wieviel Geld die Bande insgesamt erpresst hat, ist derzeit noch unklar. "Wir kennen längst noch nicht alle Opfer", sagt Kumpa. Bislang ist den Ermittlern "etwa ein Dutzend" Geschädigter bekannt - vornehmlich Libanon-Stämmige, die als Gewerbetreibende, Spielhallen- oder Gaststättenbesitzer arbeiten. Für Opfer der Bande hat die Polizei unter der Düsseldorfer Rufnummer 0211/870-5722 eine Hotline eingerichtet.

Das Treiben der mutmaßlichen Schutzgeld-Erpresser war im übrigen nicht nur der Polizei, sondern auch den Nachbarn der anscheinend als Banden-Zentrale dienenden Brotfabrik aufgefallen. Eine Nachbarin, die aus Angst ihren Namen nicht nennen will: "Wir haben uns alle gefragt, wie die sich die tollen Autos leisten können, mit denen die hier immer vorgefahren sind. Und auch die Kleidung und der Schmuck, den die hatten - alles vom Allerfeinsten und Allerteuersten. Ich hatte auch schon mal daran gedacht, dass das vielleicht Rauschgift-Händler sind."

SCHUTZGELD

Geldquelle: Die Schutzgelderpressung gehört zu den Haupteinnahmequellen der organisierten Kriminalität wie etwa der Mafia.

Opfer: Erpresst werden vor allem Ladenbesitzer und kleine Geschäftsleute.

Gewalt: Verbrecher bieten für viel Geld "Schutz" an. Bei Nichtzahlung drohen Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Nötigung oder Körperverletzung.

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