Organspende-Skandal: Neue Verdachtsfälle in Regensburg

Regensburg/München (dpa) - Der Organspende-Skandal um einen Göttinger Oberarzt weitet sich aus. Bislang standen zwei Ärzte im Verdacht, in Göttingen 23 Patienten in den Jahren 2010 und 2011 mit manipulierten Daten auf der Warteliste für Spenderorgane nach oben gemogelt zu haben.

Nun besteht nach Angaben des bayerischen Wissenschaftsministeriums auch am Regensburger Uniklinikum, wo einer der beiden zuvor gearbeitet hat, in 23 Fällen der Verdacht auf Manipulationen von Krankendaten bei Lebertransplantationen - und zwar in den Jahren 2004 bis 2006. Der Arzt, der seit November vom Dienst suspendiert ist, hat frühere Vorwürfe nach Klinikangaben bestritten.

Die neu bekanntgewordenen Fälle habe das Uniklinikum Regensburg dem Ministerium am Mittwoch mitgeteilt, sagte eine Ministeriumssprecherin in München. Das Uniklinikum war am Mittwoch für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Der Vorgang sei bereits der Staatsanwaltschaft übergeben worden, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums.

An diesem Donnerstag soll es ein Treffen zwischen Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) und der Klinikleitung geben. Heubisch sagte nach Angaben seines Ministeriums: „Wir müssen diese Vorfälle schnell und umfassend aufklären.“

In Göttingen beschäftigt die Staatsanwaltschaft inzwischen neben den Manipulationsvorwürfen gegen die zwei Mediziner auch eine auffällige Häufung italienischer Organspende-Patienten. Zwischen 1995 und 1999 habe es bei 99 Lebertransplantationen 23 Patienten mit Wohnsitz in Italien gegeben, teilte ein Kliniksprecher mit. Ob es dabei zu Regelverstößen kam, müsse geprüft werden. Die Klinik wolle nun auch die Lebertransplantationen der frühen 90er Jahre prüfen.

„Wir werden wie bei den 23 Verdachtsfällen sehen müssen, ob es Manipulationen gegeben hat“, sagte Staatsanwältin Serena Stamer. Die Fälle aus den 90er Jahren würden in die Ermittlungen einbezogen. Unklar bleibe zunächst, ob der Vorwurf der Bestechlichkeit erhoben werden könne.

Wie der Kliniksprecher erklärte, hat es für Transplantationen bei ausländischen Patienten vor 2005 weniger strenge Regeln gegeben. Die Zuteilung von Spenderorganen auf Grundlage von Laborwerten der Patienten sei erst 2006 eingeführt worden. Wie Stamer sagte, stellt sich deshalb für die Justiz die Frage, ob eine Bevorzugung damals mittels Manipulationen möglich war.

Aus ermittlungstaktischen Gründen wollte die Staatsanwältin Medienberichte über einen dritten Mediziner nicht kommentieren, der in den 90er Jahren auffällig viele italienische Patienten gehabt haben soll. Sie sollen ihm von einem der beiden verdächtigten Ärzte vermittelt worden sein. Dieser Arzt soll heute in den USA tätig sein.

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