Plötzlich tat sich der Boden auf: Haus gekippt und abgesackt

Bei einer Erdwärme-Bohrung in Kamen ist ein Millionenschaden entstanden.

Kamen. Der schwere blaue Bohrbagger liegt zerstört im metertiefen Erdtrichter, daneben das verdrehte Bohrgestänge. Vom fünf Meter tiefen Loch ziehen sich handbreit dicke Erdrisse auf die benachbarten Wohnhäuser in Kamen-Methler zu.

Die meisten Bewohner haben diese Nacht kein Auge zugetan, sie stehen entsetzt und übernächtigt vor ihren Wohnungen: Ein plötzliches Absacken des Bodens nach Bohrarbeiten für eine Erdwärmeanlage hat am Donnerstagabend und in der Nacht in einem Wohngebiet in Kamen-Methler für Entsetzen gesorgt.

Verletzt wurde niemand, aber mindestens ein Haus ist einsturzgefährdet und wohl auf Dauer unbewohnbar. Am Vormittag stützte das Technische Hilfswerk das einsturzgefährdete Haus mit Holzbohlen ab. Viele andere Häuser haben Risse, die Fachleute schon in der Nacht mit Markierungen kennzeichneten. 46 Menschen in der Wohnsiedlung mussten die Nacht bei Bekannten oder im Hotel verbringen.

Das fast fertige Einfamilienhaus, für dessen Heizung das Loch gebohrt wurde, ist um mehr als zwei Zentimeter nach vorne gekippt und einen halben Zentimeter abgesackt. Am Freitag war unklar, ob es je bezogen werden kann.

Bauherr Andreas Bong wirkt mitgenommen, er sitzt in einem Zelt wenige Meter von seinem Neubau entfernt. Nach Angaben der "Westfälischen Rundschau" wollte der Unnaer im August in das schmucke Häuschen umziehen.

Nun hat die Bohrung für seine Wärmeversorgung eine Katastrophe ausgelöst. "Das eigene Haus ist mir erst einmal egal, was den Nachbarn geschieht, ist einfach schlimm”, sagt Bong. Vorwürfe werden ihm allerdings nicht gemacht. Ob das eigene Haus zu retten sein wird oder nicht, niemand weiß das bisher.

Der von der Stadt beauftragte Geologe Ulrich Höfer schließt einen Tagesbruch als Ursache für das Loch definitiv aus. So gerät die Beschaffenheit des Bodens in den Blick. Nach den Erkenntnissen der Stadt sollte er bis in etwa acht Meter Tiefe aus Lehm und fließfähigem Sand bestehen, sagt Höfer.

Die Bohrfirma habe dagegen bei ihrer Arbeit Sand bis in 20 Meter Tiefe ausgemacht. Ob dieser sandigere Untergrund verantwortlich war, wollte der Fachmann nicht bewerten. Probebohrungen sollen bis zum Wochenende Klarheit schaffen.

Bis in 70 Meter Tiefe ging die Bohrung für die Erdwärmeheizung, eine Probebohrung zur Ermittlung der Bodenbeschaffenheit ist bisher für solche Projekte laut Bürgermeister Hermann Hupe nicht vorgeschrieben. "Die Frage ist: Was können wir daraus lernen. Erdwärmeheizungen ohne Probebohrungen darf es bei uns künftig nicht mehr geben", sagt der Bürgermeister.

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