Polizistenmord von Heilbronn - aufgeklärt oder nicht?

Der Mord an einer Polizistin in Heilbronn schien so gut wie aufgeklärt. Doch die Ermittlungen drohen zwischen den Bundesländern zu zerfransen. Der Fokus richtet sich auf die Fahnder in Sachsen. Aber die bestätigen nur, dass sie eigentlich nichts bestätigen.

Zwickau/Heilbronn. Für Sachsens Linke-Landtagsabgeordnete, Kerstin Köditz, gibt es nur eine Lösung im Polizistenmordfall von Heilbronn. „Der Generalbundesanwalt muss eingeschaltet werden“, sagte die Rechtsextremismus-Expertin am Mittwoch.

Zuvor hatte sie eine Pressekonferenz der Polizei und Staatsanwaltschaft Zwickau live im Fernsehen verfolgt: Dort wollten sich die Ermittler partout nur zur Explosion eines Wohnhauses am vergangenen Freitag in Zwickau äußern. Über den Mord an einer Polizistin in Heilbronn und über die Verwicklung einer 36-jährigen Verdächtigen, war nichts zu erfahren.

Dass die Frau, die derzeit in Sachsen in Untersuchungshaft sitzt, zu einem Trio gehört, das 2007 in Baden-Württemberg die Polizistin Michele K. getötet haben könnte, das in Thüringen in den 90er Jahren einer von V-Leuten unterwanderten rechtsextremistischen Kameradschaft angehörte und Bomben gebastelt haben soll - dazu hatten weder Polizeipräsident Jürgen Georgie noch der amtierende Chef der Zwickauer Staatsanwaltschaft, Uwe Wiegner, etwas zu sagen.

Zwischen den Dienststellen der beteiligten Bundesländer Sachsen, Thüringen und Baden-Württemberg gebe es einen Informationsaustausch, das schon. Eine länderübergreifende Stelle für die Aufklärung? Bislang Fehlanzeige.

Georgie und Wiegner betonten, dass das Trio den Behörden in Zwickau vor dem 4. November - also jenem Tag, als sich im thüringischen Eisenach nach einem Banküberfall zwei Männer töteten und ihr Wohnwagen in Flammen aufging - nicht bekanntgeworden sei. Es gebe schlicht keine Erkenntnisse zu Lebensumständen, Verhalten, Vorleben. Dies werde Teil der Ermittlungen sein, die noch Tage, Wochen, wenn nicht sogar Monate in Anspruch nehmen würden, kündigte Georgie an.

Bei den beiden Leichen waren die Dienstwaffen der erschossenen Polizistin und deren verletzten Kollegen gefunden worden - so kamen die Ermittlungen überhaupt wieder ins Rollen. Obwohl in den Trümmern der explodierten Doppelhaushälfte ein ganzes Waffenarsenal gefunden wurde - ein Revolver, fünf Pistolen, ein Gewehr, ermittelt die Zwickauer Staatsanwaltschaft weiterhin nur wegen des dringenden Tatverdachts der schweren Brandstiftung gegen die 36-jährige Frau. Man stehe erst „am Beginn eines Erkenntnisprozesses“, betonte Georgie.

Der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger ist derweil schon längst einen Schritt weiter. Er hielt den Polizistenmord von Heilbronn schon am Dienstag für weitgehend aufgeklärt und gab am Mittwoch an, dass unter den Waffen in Zwickau wahrscheinlich auch die Tatwaffe war. Das nahmen die sächsischen Ermittler zwar zur Kenntnis - bestätigen wollten sie es aber nicht.

Die gefundenen Waffen seien durch Hitze und Löschwasser gar nicht in dem Zustand, dass sie eindeutig identifiziert werden könnten. „Vorschnell“ sei der Herr Generalstaatsanwalt da gewesen, sagte ein Zwickauer Ermittler - aber erst, nachdem die Fernsehkameras aus sind.

Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) wandte sich gegen Pfliegers positive Einschätzung. „Ich warne ein bisschen davor, so weit vorzupreschen und den Schluss zu ziehen, der Fall sei aufgeklärt“, sagte der DPolG-Landesvorsitzende Joachim Lautensack in Stuttgart.

Unklar in dem ganzen Rätselraten ist auch, was es mit den rechtsextremen Verbindungen der beiden Männer und der Frau auf sich hatte. Auch bei diesem Aspekt lief nicht alles wie geschmiert. Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) sagte, dass das Trio nach 1998 keinen Kontakt mehr zur Neonazi-Szene des Landes gehabt habe. Vorher sollen die drei als Mitglieder des rechtsextremen „Thüringer Heimatschutzes“ Bomben gebastelt haben - danach tauchten sie jedoch unter. Und seitdem wusste anscheinend niemand, wo sie sich aufhielten und was sie im Schilde führten.

Die Ermittler versuchen jetzt, die Lücke zwischen 1998 und 2011 zu schließen, sagte Geibert. Bei den damaligen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Gera sei wohl „nicht alles optimal gelaufen“, räumte er ein. Sachsens Linke-Landtagsabgeordnete Köditz befürchtet derweil, dass sich Ähnliches jetzt wiederholen könnte - obwohl oder gerade weil Ermittler in mehreren Bundesländern mit den Tatverdächtigen befasst sind.

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