Staus Schlafbaustellen — nur ein Mythos?

Wenn auf Autobahnbaustellen kaum Arbeiter zu sehen sind, geraten viele Autofahrer in Rage. Straßen.NRW bekommt pro Jahr 2000 Beschwerden.

Staus: Schlafbaustellen — nur ein Mythos?
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Im staugeplagten Nordrhein-Westfalen sind Schlafbaustellen auf Autobahnen ein besonderes Ärgernis. Allein in der Beschwerdestelle des Landesbetriebs Straßen.NRW gehen pro Jahr mehr als 2000 „Anfragen“ von genervten Autofahrern ein. Tenor: „Warum arbeitet dort niemand?“ Mario Korte, Baustellenkoordinator NRW, hört den Begriff Schlafbaustellen nicht gerne. „Es gibt eigentlich keine“, sagt Korte. Nachsatz: „Und wenn, gibt es meistens eine Begründung.“

Ganz oben auf der aktuellen Beschwerdeliste steht laut Korte die Baustelle auf der A 3 zwischen Mettmann und Hilden. Das eigentliche Baufeld ist acht Kilometer lang, die Beruhigungsstrecke zehn. „Beruhigungsstrecken dienen der Verkehrssicherheit“, erklärt Korte. Sie werden eingerichtet, um die Geschwindigkeit vor der eigentlichen Baustelle abzusenken oder um den Verkehr in eine andere Fahrtrichtung umzuleiten. Auf der A 3 wird in diesem Bereich vor der Baustelle das Tempo auf 60 Kilometer pro Stunde reduziert und der Verkehr umgeleitet. Beruhigungsstrecken werden auch eingesetzt, wenn zwei Baustellen dicht beieinanderliegen.

Auf der A 46 zwischen Wuppertal-Varresbeck und Katernberg vermuten Autofahrer seit zwei Jahren eine Schlafbaustelle. Grund: Die Strecke, auf der die Stütz- und Lärmschutzwand errichtet wird, ist eineinhalb Kilometer lang, die Baustelle selbst fünf. Dies sei auch der Geometrie des Bereichs geschuldet, so Korte. Die Fahrbahnen sind wegen der Hanglage nicht auf gleicher Höhe. „Da fahren die Leute zwei Kilometer nur an Baken vorbei“, sagt Korte. Außerdem seien dort weder Bauarbeiter noch Maschinen zu sehen.

Ein wesentlicher Faktor für den Straßenbau ist natürlich die Witterung. So kann „Flüsterasphalt“ bei Temperaturen unter zehn Grad nicht verlegt werden. Das ist in diesem Sommer kein Problem. Aber können auch zu hohe Temperaturen die Arbeiten behindern? „Die Bauunternehmen müssen sich im Rahmen des Arbeitsschutzgesetzes bewegen“, sagt Korte, aber eigentlich sei Hitze kein Hinderungsgrund. Den Arbeitern sei allerdings unter diesen Bedingungen eine Acht-Stunden-Schicht nicht zuzumuten. Probleme gebe es eher beim Betonbau. Bei Temperaturen jenseits der 30 Grad trocknet dieser nicht optimal und muss gekühlt werden.

Auch heftiger Regen kann dazu führen, dass auf den Autobahnbaustellen nichts mehr geht. Das betrifft zum Beispiel Markierungs-, Korrosionsschutz- und Abdichtungsarbeiten.

Schäden auf der Fahrbahn führen häufig dazu, dass Streckenabschnitte gesperrt werden müssen, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Dabei kann es geschehen, dass die Vorbereitungen für die eigentlichen Reparaturarbeiten noch einige Zeit dauern.

Wenige Arbeiter sind zu sehen, wenn neu verlegter Asphalt aushärtet. Das dauert in der Regel mindestens 24 Stunden — in dieser Zeit darf niemand den neuen Fahrbahnbelag betreten. Natürlich werden vorher auch die Baumaschinen abgezogen. Das gilt ebenso für Fahrbahndecken aus Beton. Bei diesen dauert es sogar mehrere Tage, bis die Betondecke ausgehärtet ist.

Manchmal sind die Arbeiter da — aber nicht zu sehen. Das gilt besonders bei Brückenarbeiten. Die Mitarbeiter befinden sich dann häufig unter den Brücken oder innerhalb von Hohlräumen in den Verschalungen. Bei manchen Arbeiten wie der Erneuerung von Brückenlagern müssen zudem Schwingungen vermieden und Brücken gesperrt werden.

Auf manchen Baustellen wird nur nachts gearbeitet, damit tagsüber der Verkehr fließen kann. Die Absicherung mit Baken wird tagsüber nur weggeschoben, nicht entfernt. Und viele Autofahrern vermuten wieder eine Schlafbaustelle.

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