Seat Leon: Ich bin kein Golf, ich bin ein Löwe

Berlin (dpa-infocom) - Kommt einem der VW Golf spanisch vor, so sitzt man vermutlich im neuen Seat Leon 1. Der Konzern verwendet bei der Technik die selben Bauteile. Unterschiede finden sich vor allem im Design und beim Preis.

Der Golf lernt Spanisch. Als drittes Modell aus dem modularen Querbaukasten des VW-Konzerns steht nach dem Audi A3 und dem Wolfsburger Klassiker nun der Seat Leon im Handel. Während der Audi vor allem von seiner Noblesse lebt und der Golf es allen recht machen will, mimt der Seat den mediterranen Verführer: Ein solider Kompaktwagen mit knackigen Kurven. Der spanische Löwe soll der kriselnden VW-Tochter die Zukunft sichern. Auch über den Preis. Der beginnt nun schon bei 15 390 Euro.

Viel Platz bei wenig Luxus

Weil die Technik bei Golf, A3 und Leon weitgehend identisch ist, setzen die Spanier auf das Design zur Differenzierung. Der Leon ist dynamisch gezeichnet. Er hat einen kämpferischen Blick mit markanten LED-Lichthaken. Die Flanke zeigt eine hohe Gürtellinie und spitze Falze im Blech, das Heck mit den auffälligen Rückleuchten wirkt selbstbewusst. Außerdem haben die Spanier die Proportionen zurechtgerückt. Gegenüber dem Vorgänger ist der Wagen fünf Zentimeter kürzer, der Radstand aber sechs Zentimeter länger, weshalb der Leon stabiler auf der Straße steht. Optisch soll der Leon als unverwechselbares Auto erkennbar sein. Ganz nach dem Motto: Ich bin kein Golf, ich bin ein Löwe.

Auch im Innenraum erkennt man die Verwandtschaft nur an einzelnen Schaltern und Tasten. Wo das Cockpit beim Golf gerade gegliedert ist, hat der Leon etwas mehr Schwung. Die Sitze sind sportlicher geschnitten und die Zierkonsolen sollen Flair versprühen. Dass der Leon geschrumpft ist, wird geschickt kaschiert. Dank des größeren Radstands haben Fahrer und Beifahrer ausreichend Platz. Dennoch können zeitgleich groß gewachsene Personen auf der Rückbank sitzen. Auch der Kofferraum legt zu und fasst nun 380 Liter. Doch es kommt eben nicht nur auf die Größe an. Was fehlt, ist die Liebe zum Detail und ein Bewusstsein für die Auswahl der Materialien. Viele Kunststoffe wirken billig. Auch bei der Technik fehlt der Luxus. Der Touchscreen für Navigation und Radio ist für die Generation Smartphone viel zu pixelig. Da merkt man den Kostendruck.

Individuelle Anpassung im Programm

Mehr Reife und mehr Komfort soll auch das Fahrwerk des Leon vermitteln. Deshalb hat Seat die vorherige Schärfe gemildert. Der spanische Golf-Bruder ist noch immer recht sportlich abgestimmt, die Lenkung ziemlich direkt. Allerdings verzeiht die Federung jetzt auch mal ein paar Schwächen im Straßenbau. Lange Fahrten über Land werden damit spürbar entspannter. Wie der Golf bietet der Leon sogenannte Fahrprogramme. Auf Knopfdruck können Lenkung, Motorsteuerung und in Zukunft auch das Fahrwerk verändern werden. In der Praxis sind die Unterschiede allerdings wie schon beim Golf sehr gering.

Reichlich Variationsmöglichkeiten gibt es dagegen bei den Motorisierungen: Schon kurz nach der Markteinführung sollen insgesamt fünf Benziner und vier Diesel erhältlich sein, die ein Leistungsspektrum von 63 kW/86 PS bis 135 kW/184 PS abdecken. Und da sind der sportliche Cupra, der Spardiesel mit einem Verbrauch von 3,3 Litern (CO2-Ausstoß: 89 g/km) und das Erdgasmodell noch gar nicht mitgezählt.

Keine Hightech-Motoren, aber zeitgemäße Ausstattung

Spaß macht schon ein kleiner Diesel. Auf der ersten Testfahrt jedenfalls beweist der 1,6-Liter mit 77/105 PS genügend Biss. Weil er mit bis zu 250 Newtonmeter Drehmoment zu Werke geht, fährt der Leon damit flott von der Ampel weg und hat genügend Puste, um auch mal auf der Landstraße zu überholen. Nur bei Vollgas wird es zäh: Denn bei 191 km/h ist Schluss. Dafür gibt sich der Leon in der Theorie mit 4,1 Litern zufrieden (CO2-Ausstoß: 107 g/km) und gönnt sich in der Praxis keine 2 Liter mehr.

Während dem Leon die modernsten Motoren aus dem VW-Konzern noch vorenthalten werden und es zum Beispiel bei Seat keine Zylinderabschaltung gibt, punkten die Spanier mit ein paar anderen High-Tech-Extras. So ist das Auto gegen Aufpreis mit automatischer Abstandsregelung, Verkehrszeichenerkennung und LED-Scheinwerfern erhältlich.

Fazit: Ein Golf mit Gefühl

Dynamisch gezeichnet, sportlich abgestimmt und entspannt auf der Straße - so vereint der Seat Leon die technische Qualität des VW-Baukastens mit der spanischen Leidenschaft. Wer ein grundsolides Auto möchte, der kann zur Konzernmutter VW gehen. Aber bei Seat gibt es den Golf-Bruder mit Gefühl.

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