Duisburg – eine Stadt unter Schock

Kerzen und Blumen erinnern an die Opfer. „Diese Bilder werde ich nie vergessen“, sagt eine 18-jährige Augenzeugin.

Duisburg. Ihre Hände zittern immer noch. Auch Stunden nach dem schrecklichen Erlebnis, steht Lisa König unter Schock. "Diese Bilder werde ich nie vergessen", sagt die 18-Jährige. Noch einmal ist die Duisburgerin zu der Stelle gekommen, an der sie einen Tag zuvor zum ersten Mal in ihrem Leben Todesangst empfunden hat.

"Ich habe noch versucht zu helfen. Aber es war ein schreckliches Chaos", sagt die junge Frau und stellt eine Kerze zwischen die vielen Blumen und Andenken, die Anwohner, Angehörige und Augenzeugen in der Nähe des Unglücksort aufgestellt haben.

Den Tunnel selbst hat die Polizei abgesperrt. Erst als am Nachmittag drei Limousinen heranrauschen, öffnen die Beamten die Zufahrt. Dutzende Kameraleute und Fotografen umringen Hannelore Kraft, als sie wortlos und mit versteinerter Miene einen Blumenstrauß am ersten Tunnelabschnitt niederlegt. So schnell wie die NRW-Ministerpräsidentin gekommen war, ist sie auch wieder verschwunden.

Zurück bleibt ein Bild der Verwüstung. Überall liegt Abfall herum, der bei genaueren Hinsehen aus zertretenen Sonnenbrillen, Schuhsohlen und anderen persönlichen Gegenständen besteht. Auch Ohrringe und Haarreifen haben die Menschen in der drängenden Masse verloren. In Richtung Veranstaltungsort geht es an niedergedrückten Zäunen vorbei. Man meint, die Panik der Menschen noch riechen zu können.

Am dritten Abschnitt der Unterführung sollen Planen den Blick auf die Unglücksstelle verhindern. Dort trafen am Samstag Menschenmassen aus zwei Richtungen aufeinander. Der Zugang zum Festival war hoffnungslos überfüllt. Von hinten drängten immer mehr Menschen nach. Die Absperrungen, die Kommende und Gehende trennen sollen, interessieren niemanden mehr.

"Die Menschen haben die Gitter einfach niedergewalzt oder herausgerissen", erzählt Mareike Zierer. Die 28-Jährige wollte die Party gerade verlassen, als sie den Ernst der Lage erkannte und auf das Gelände zurückging. Ihre Besonnenheit hat ihr möglicherweise das Leben gerettet. Für andere junge Menschen wurde die Rampe hingegen zur Todesfalle.

Die Fundorte der Leichen sind mit weißer Farbe markiert. Thermodecken, Infusionsbestecke und Sanitäterhandschuhe zeugen von dramatischen Rettungsversuchen. Für Wolfgang Hutmacher wäre dieser Anblick zuviel gewesen.

Der Rentner hat Tränen in den Augen, als davon er berichtet, dass er aus Neugier die Loveparade besuchen wollte, dann aber wegen der vielen Menschen wieder nach Hause ging. "Dass all die Menschen tot sind, ist einfach unfassbar. Mein Mitgefühl gehört den Angehörigen", sagt der 67-Jährige und spricht damit allen Duisburgern aus der Seele. Die Stadt steht unter Schock.

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