Loveparade-Prozess: Opfer hoffen auf Gerechtigkeit

Dreieinhalb Jahre nach der Katastrophe wird Anklage erhoben. Gegen wen ist noch nicht bekannt.

Loveparade-Prozess: Opfer hoffen auf Gerechtigkeit
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Duisburg. Die Duisburger Loveparade-Katastrophe vor dreieinhalb Jahren mit 21 Toten und Hunderten Verletzten hat viele Wunden hinterlassen, die bis heute nicht verheilt sind. Hinterbliebene und Traumatisierte kämpfen weiter für Gerechtigkeit.

Kerzen und Geschenke an der Gedenkstätte am Unglücksort zeigen, wie lebendig Erinnerung und Trauer sind. Der als Ombudsmann eingesetzte Seelsorger Jürgen Widera glaubt, die Aufarbeitung in den Familien sei auch durch das lange Warten auf einen Prozess gebremst.

Dreieinhalb Jahre brauchte die Staatsanwaltschaft, um die Ermittlungen abzuschließen. Widera sagt, jetzt komme es entscheidend darauf an, wer sich letztlich vor Gericht verantworten müsse. „Wenn es so ausgeht, dass von den Verantwortlichen nur Sachbearbeiter übrig bleiben, wird das bei den Betroffenen und Hinterbliebenen für Aufregung sorgen.“

„Wer da drin gesteckt hat, ist nicht ohne psychischen Schaden herausgekommen“, sagt Widera. Bis heute wenden sich regelmäßig Menschen an ihn, die aufgrund seelischer Verletzungen Schwierigkeiten haben, ins normale Leben zurückzukehren. Ähnliches berichtet auch Anwältin Bärbel Schönhof, die seit einigen Monaten 30 Loveparade-Opfer vertritt. „Manche von ihnen werden nie wieder ein normales Leben führen können.“

Nach der Katastrophe wurde ein Notfallfonds eingerichtet. Zwei Millionen Euro wurden an Hinterbliebene und Verletzte gezahlt. Auch der Haftpflichtversicherer des Veranstalters trat schon vor einem absehbar langwierigen Gerichtsverfahren in Vorleistung.

Gut 500 Betroffene hätten sich gemeldet, teilte die Axa-Versicherung mit. Ihre Ansprüche reichen von kleinen Sach- bis zu schweren Personenschäden. Anwälte kritisieren die Versicherung: „Bislang bietet sie Minimalentschädigungen als Vergleich an, die bei weitem nicht reichen“, sagt Schönhof. Statt angebotener Entschädigungen bis 10 000 Euro wolle sie für einige Mandanten 300 000 Euro erstreiten.

Die Axa-Versicherung erklärt, drei Viertel aller Fälle seien einvernehmlich reguliert worden. „Dafür gelten dieselben objektiven Kriterien, die gelten würden, wenn einer oder mehrere Verantwortliche durch ein Gericht bereits verurteilt wären“, teilte ein Sprecher mit. „Wenn in einigen Fällen noch keine Zahlungen erfolgen konnten, liegt der Grund häufig darin, dass Nachweise noch nicht oder noch nicht abschließend erfolgt sind.“

In den rund dreieinhalb Jahren seit der Katastrophe haben Polizei und Staatsanwaltschaft einen Strafrechtsprozess vorbereitet. Jetzt sind die Ermittlungen abgeschlossen, die Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben. Wer auf der Anklagebank sitzen soll und wie der Tatvorwurf lautet, ist noch nicht bekannt.

Medien hatten zuvor berichtet, dass die Ermittler Anklage gegen zehn Mitarbeiter der Stadt und des Veranstalters Lopavent erhoben haben. Kritisch sehen Betroffene, dass Lopavent-Chef Rainer Schaller nicht zu den Beschuldigten gehört. Das Gericht muss jetzt prüfen, wann es die Hauptverhandlung eröffnet. Das kann dauern, glauben manche: „Kein Strafprozess vor 2015“, lautet Schönhofs Einschätzung.

Neben dem Strafprozess hält Zivilrechtlerin Schönhof Klagen auf Schmerzensgeld und Schadenersatz über den zivilrechtlichen Klageweg für notwendig. „Das ist eine Frage der Gerechtigkeit, da die wirklich Verantwortlichen sonst nicht zur Rechenschaft gezogen werden“, so die Anwältin.

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