Städte sind nicht für Stromausfall gerüstet

Kommunen zeigen sich wenig vorbereitet auf ein Szenario, das im Zuge der Energiewende wahr werden könnte.

Düsseldorf. Straßenbahnen bleiben mitten im Verkehr stehen. Die Heizung fällt ebenso aus wie die digitalen Telefone oder das Handynetz. Informationen über das Internet, Fernsehen und ein Großteil der Radios sind nicht mehr zugänglich. Die Vorräte im Kühlschrank tauen auf, Kassen und Eingangstüren im Supermarkt funktionieren nicht mehr. Bankautomaten spucken keine Scheine mehr aus.

Ein Szenario aus einem Entwicklungsland? Nein. Roland Goertz hat das als Leiter der unteren Katastrophenschutzbehörde 2008 in Karlsruhe erlebt. Dort fiel der Strom für 90 Minuten aus. „Wenn es aber länger dauert, weiten sich die Probleme aus“, sagt Goertz, mittlerweile Professor im Fachgebiet Sicherheitstechnik an der Bergischen Universität Wuppertal.

Einen größeren, flächendeckenden Stromausfall gab es zuletzt 2005 im Münsterland. Hier brachen Strommasten unter der Schneelast zusammen. 250 000 Menschen waren tagelang vom Stromnetz abgekoppelt.

Wie setzen sich die Kommunen mit einem möglichen Stromausfall auseinander? „Mit diesem Problem haben wir uns noch nicht eingehender beschäftigt“, sagt Daniela Hitzemann, Pressesprecherin des Kreises Mettmann. Ein Systemabsturz in der Verwaltung habe kürzlich den Mitarbeitern die Abhängigkeit von der Technik vor Augen geführt. Im kommenden Jahr will sich die Verwaltung mit dem Thema auseinandersetzen.

In jedem Fall würde der Krisenstab zusammenkommen, der mit Hilfe von Notstromaggregaten weiterarbeiten könnte. „Wir wissen schon, auf welche Schwierigkeiten wir treffen könnten. Wir wissen aber auch, dass wir dann nicht alle Probleme lösen könnten“, sagt Hitzemann.

Auch im Rhein-Kreis Neuss will sich der Krisenstab 2013 mit dem Thema beschäftigen. „Wir sind in der Planung. Konkretes gibt es aber noch nicht“, sagt der Sprecher des Rhein-Kreises, Harald Vieten. Er macht sich vor allem Gedanken um die Kommunikationswege: „Wir würden auf klassische Wege wie Lautsprecherwagen zurückgreifen, um die Bevölkerung zu informieren.“

Ein Plan, der auch in Wuppertal angedacht ist. Einen Notfallplan — konkret zugeschnitten auf den längeren Zusammenbruch der Stromversorgung — gibt es auch hier nicht. „Der Krisenstab würde zusammenkommen und müsste situativ entscheiden“, sagt Ulrike Schmidt-Keßler vom Presseamt. Sie ist optimistisch: „Ich glaube nicht, dass der Strom länger ausfällt. Wenn, dann würde beim Krisenstab alles klappen.“

Roland Goertz schätzt, dass die Kommunen einen guten Katastrophenschutz haben. „Ein längerer Stromausfall ist aber so kompliziert, dass es zu einer großen Herausforderung für die Behörden würde.“ Ein Beispiel: Die Notstromaggregate müssen mit Diesel versorgt werden. Kaum eine Zapfsäule funktioniere aber ohne Strom.

Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung des Bundestags hat das Szenario eines zweiwöchigen Stromausfalls durchgespielt und analysiert. Das Fazit klingt drastisch: Im Bericht ist vom Kollaps der Gesellschaft die Rede, die öffentliche Sicherheit sei gefährdet und die Versorgung der Gesellschaft nicht mehr sicherzustellen.

Noch ist unklar, wie realistisch ein längerfristiger Stromausfall ist. Jeder kann sich aber vorbereiten. „Um autark bleiben zu können, sollten Lebensmittel für zwei Wochen im Haushalt sein“, sagt Roland Goertz. Auch ein batteriebetriebenes Radio sei wichtig, um sich über die Lage informieren zu können. Weitere Tipps beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe unter 0228/99 55 00 oder unter http://bit.ly/QEUctp.

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