Studenten in NRW: Wohnung verzweifelt gesucht

Immer mehr Studenten müssen mit immer weniger Wohnraum klarkommen.

Düsseldorf. Bis vor kurzem wohnte Sebastian Hassmann in einer Wohngemeinschaft in Pempelfort — dann kündigte der Vermieter aus Eigenbedarf die Wohnung. Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres musste sich der BWL-Student auf die Suche nach einer neuen Bleibe begeben. „Wenn man nicht viel ausgeben möchte, ist es sehr schwer, etwas zu finden. Man darf auch seine Erwartung nicht zu hoch setzen“, sagt der 26-Jährige. So wie ihm geht es vielen Studenten in NRW. Besonders betroffen sind laut der Arbeitsgemeinschaft der Studentenwerke NRW Münster, Köln, Düsseldorf und Siegen. In der Not schlafen die Studenten auf Campingplätzen, in Jugendherbergen oder Pensionszimmern.

„Die große Wohnungsnachfrage hat vor allem mit den steigenden Studentenzahlen zu tun“, sagt Helga Fels, Referentin der Arbeitsgemeinschaft der Studentenwerke. Den Daten des Statistischen Landesamtes zufolge haben noch nie so viele junge Menschen ein Studium aufgenommen wie im vergangenen Wintersemester. Erstmals stieg die Zahl auf über 100 000 Studienanfänger. Grund dafür sind unter anderem der Wegfall der Wehrpflicht und der Studiengebühren sowie die doppelten Abiturjahrgänge.

Das Studentenwerk bietet in NRW insgesamt 37 000 Wohnplätze an. „Wenn die Nachfrage groß ist, gibt es Wartelisten. In der Regel beträgt die Wartezeit ein bis zwei Semester“, so Fels. Wirft man einen Blick auf die generelle Entwicklung der öffentlich geförderten Wohnplätze für Studenten, so wird ein Trend ganz deutlich: Immer mehr Studenten müssen mit immer weniger Wohnraum klarkommen. Gab es 2001 laut einer Erhebung des Deutschen Studentenwerks noch 44 278 Wohnplätze für 218 320 Studenten, waren es im vergangenen Jahr 38 985 Plätze für 306 212 Studenten.

Wer bis zum Semesterstart keine Wohnung findet, muss improvisieren. „Bis vor kurzem hatten wir einen Studenten hier. Der hat vier bis fünf Monate auf dem Campingplatz in einem Wohnwagen gewohnt, weil er keine Wohnung gefunden hat“, erzählt Jürgen Kürten vom Campingplatz Düsseldorf-Lörick. „Wir haben einen Sonderpreis gemacht.“

Auch Susanne Vlazny, Herbergsleiterin der Jugendherberge Düsseldorf hat schon obdachlose Studenten aufgenommen: „Die Tendenz, dass mehr Studenten kommen, weil sie nicht sofort eine Wohnung finden, ist da.“

Das kann auch Annegret Mülbaier, Sprecherin des Internet-Portals „WG-Gesucht“, bestätigen: „Die Zahl der Suchenden ist deutlich gestiegen. Bis zu 25 Prozent mehr studentische User nutzen zurzeit unsere Seite.“ Auf „WG-Gesucht“ können Studenten, aber auch Berufstätige, nach einer WG beziehungsweise einer Wohnung suchen, oder ein freies Zimmer einstellen.

Der AStA der Fachhochschule Düsseldorf bietet allen Erstsemestern bei Bedarf Notschlafplätze an. Zwei bis drei Monate können sie dort unterkommen. „Bis dahin haben die meisten etwas Eigenes gefunden“, sagt ein Sprecher des AStA. Den jungen Leuten stehen zwei Schlafräume, eine Küche und ein WC zur Verfügung. Zehn Frauen und zehn Männer finden in den Räumen gleichzeitig eine Unterkunft. „Neue Stadt, neuer Lebensabschnitt und dann keine Wohnung — das ist für viele Studierende schon eine sehr schwierige und anstrengende Situation.“

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