Umweltschutz: Das Steak als Klimakiller

Wissenschaftlich ist erwiesen, dass jedes Rind rund 200 000 Liter des gefährlichen Methangases produziert. Weltweit gibt es rund 1,4 Milliarden Rinder, die das Gas produzieren und für deren Weideflächen Regenwälder abgeholzt werden.

Düsseldorf. Seit der Klimawandel den Sprung in die Schlagzeilen geschafft hat, diskutiert Deutschland über sparsamere Autos, Strom sparende Haushaltsgeräte und Energiesparlampen - aber seltsamer Weise nicht über seine Essgewohnheiten. Dabei ist wissenschaftlich erwiesen: Jedes Steak, jeder Hamburger, jeder Schluck Milch heizt das Klima weiter an.

Methan ist das gefährlichste Treibhausgas der Welt

Die Massentierhaltung ist zum Klimakiller ersten Ranges geworden. Denn Rindern und Schafen entweicht bei der Verdauung jede Menge Methan (CH4) - rund 200 000 Liter im kurzen Leben eines durchschnittlichen Mastrinds (zwei Jahre). Methan wiederum ist das gefährlichste Treibhausgas der Welt, rund 23 Mal so klimaschädlich wie das breit diskutierte Kohlendioxid (CO2). Zwar kommt Methan deutlich seltener in der Atmosphäre vor, aber auch sein Anteil steigt stetig. Ein Hauptgrund: die massenhafte Rinderzucht insbesondere in Lateinamerika und Teilen Asiens. Schon heute sind die Wiederkäuer für knapp 20 Prozent des weltweiten Methanausstoßes verantwortlich - Tendenz steigend. Die Schuld daran kann man natürlich kaum den Tieren geben, sondern höchstens den Menschen in den Wohlstandsregionen der Welt, die immer mehr Fleisch nachfragen. Im Durchschnitt isst jeder Mensch heute doppelt soviel Fleisch wie noch in den 70er Jahren, in den kommenden 30 bis 40 Jahren soll sich nach Schätzungen der UN-Ernährungsorganisation FAO der Fleischverzehr noch einmal pro Kopf verdoppeln - in der Summe könnte das je nach Bevölkerungswachstum auch eine Verdreifachung bedeuten. Die explodierenden Rinder-Herden - schon heute gibt es weltweit rund 1,4 Milliarden Rinder - brauchen immer größere Weideflächen. Und die werden fatalerweise im Regenwald geschaffen. Allein in Brasilien verschwindet jedes Jahr eine Fläche Urwald, die doppelt so groß ist wie ganz NRW. Dabei geht es kaum noch um das tropische Holz, sondern um Fläche fürs Vieh. Wo kein Weideland entsteht, da werden Sojabohnen für den Export angebaut. Sie füllen Kuhmägen in Europa und Nordamerika. Die Rinderherden belasten also das Klima gleich doppelt: Mit ihren Ausdünstungen an Methan und mit dem CO2, das im Regenwald gespeichert war. Bei der Rodung entweicht es in die Atmosphäre: Rund 2,4 Milliarden Tonnen jährlich. Für jeden verspeisten Hamburger, so hat kürzlich der US-Wissenschaftler Jeremy Rifkin vorgerechnet, sind sechs Quadratmeter Urwald in Weidefläche umgewandelt worden. Zählt man die CO2-Emissionen durch Waldverlust und die industrialisierte Landwirtschaft hinzu, so hat die Viehzucht nach Schätzungen der FAO einen Anteil von rund 18 Prozent am Treibhauseffekt. Dabei gibt es technisch durchaus Möglichkeiten, Methan unschädlich zu machen. An vielen Kohlegruben im Ruhrgebiet wird das auch als Grubengas bekannte Methan abgesogen und zur Stromerzeugung genutzt, erklärt Hans-Jochen Luhmann vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie. Bei der Erdgasgewinnung wird das freigesetzte Methan immerhin abgefackelt und so zum weniger klimaschädlichen CO2 umgewandelt. "Und in Neuseeland hatte die Regierung vor einigen Jahren sogar einen groß angelegten Plan, mit dem das Methan aus den Viehställen unschädlich gemacht werden sollte", berichtet Luhmann. "Der wurde aber später eingestampft - er ist angeblich zu teuer." Die für Neuseeland prognostizierten Milliardenschäden durch den Klimawandel dürften allerdings höher ausfallen.

Folgen der Massentierhaltung

Methan: Rund ein Sechstel des Treibhauseffekts wird auf das Treibhausgas Methan (CH4) zurückgeführt. Es ist rund 23 Mal so klimaschädlich wie das bedeutendste Treibhausgas Kohlendioxid (CO2). Das farb- und geruchlose Gas entsteht bei vielen biologischen und geologischen Zersetzungsprozessen. Rund 75 Prozent des Methanausstoßes wird vom Menschen gemacht, neben der Massentierhaltung zum Beispiel beim Abbau von Erdgas, beim Reisanbau oder in Mülldeponien. Rinder: Die rapide steigende Nachfrage nach Fleisch befriedigen weltweit rund 1,4 Milliarden Zuchtrinder. Die größten Bestände werden in Asien (450 Mio.) und in Südamerika (340 Mio.) gehalten. Gut eine Milliarde Menschen verdienen dadurch ihren Lebensunterhalt. Bei Futtermittelanbau und Transport entstehen rund drei Millionen Liter CO2. Nach Schätzungen der UN belastet der weltweite Rinderbestand das Klima genauso stark wie alle Menschen Indiens, Japans und Deutschlands zusammen.

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