Vater klagt auf Eltern-Teilzeit

Streit: Achim Schwarz aus Düsseldorf will sich um seine Tochter kümmern und dabei in Teilzeit arbeiten. Doch sein Arbeitgeber lässt ihn nicht – trotz Rechtsanspruch.

Düsseldorf. Es war der März des Jahres 2006. Die Von-der-Leyen-Welle rollte durch Deutschland. Auch Väter sollen etwas für die Kindererziehung tun, hieß die Botschaft aus Berlin. Achim Schwarz fühlte sich angesprochen. Töchterchen Katharina war knapp ein halbes Jahr alt - und wegen seines Manager-Jobs bei der Unternehmensberatung Ernst & Young mit ständig wiederkehrenden 60-Stunden-Wochen sah ihr Papa sie meist nur sonntags. Für Schwarz kein Zustand: "Ich wollte für meine Tochter da sein." Er beantragte zwei Jahre Elternzeit inklusive Teilzeitarbeit: der Auftakt eines bis heute dauernden Streits mit seinem Arbeitgeber.

2008, der 3. April. Achim Schwarz steht vor dem Saal 004 des Düsseldorfer Arbeitsgerichts, er erwartet eine Entscheidung zu seinen Gunsten. Vor zwei Jahren dachte er an eine Formsache, als er die Eltern-Teilzeit beantragte. "Ich hatte ja eine Kollegin, die das genauso gemacht hat." Und sicherte ihm das deutsche Arbeitsrecht nicht einen Anspruch auf Teilzeitarbeit in der Elternzeit zu? Nein, sagte Ernst & Young - und berief sich auf eine Gesetzesklausel, die Arbeitsgerichte immer wieder beschäftigt: Unternehmen können Mitarbeitern Teilzeit wegen "dringender betrieblicher Erfordernisse" verweigern.

So musste Schwarz ganz zu Hause zu bleiben, hatte viel Zeit für Klein-Katharina - und die Familie wesentlich weniger im Portmonee. Schwarz und seine Lebensgefährtin Desirée Wesselmann hatten eigentlich beide Teilzeit arbeiten wollen und entsprechend mit zwei halben Monatsgehältern kalkuliert. Weil Schwarz’ Verdienst nun völlig wegfiel, musste Wesselmann wieder in ihre Vollzeit-Tätigkeit als Lehrerin zurück. Katharina hat nun sehr wenig von ihrer Mutter - "das tut ihr nicht gut und mir auch nicht", sagt Wesselmann.

Auf den Klageweg hatte Schwarz sich begeben, um die Teilzeitstelle juristisch zu erstreiten. Doch Ernst & Young brauchte bis Sommer 2007, um überhaupt seinen Ursprungsantrag schriftlich abzulehnen. Weil dann noch ein Gerichtstermin im Dezember platzte, trafen sich die Parteien erst gestern vor dem Richter - obwohl Schwarz’ Elternzeitjahre Anfang Mai wieder vorbei sind. Daher klagt Schwarz nun auch auf Schadenersatz für den Verdienstausfall aufgrund langer Verfahrensdauer: 50000 Euro will er haben, ein Novum in der bisherigen Elternzeit-Rechtsprechung.

Auf ein Urteil muss Schwarz weiter warten: Ernst & Young blieb gestern bei seinem Standpunkt und lehnte auch einen Vergleich von 25000 Euro Schadenersatz ohne Klärung der Teilzeit-Frage ab. Nun werden beide Streitpunkte im August rückwirkend entschieden. "Sie tragen dabei die Beweislast", rief der Richter den Firmen-Anwälten zu, "und damit das größere Risiko."

Rechtslage Mitarbeiter haben Anspruch auf Eltern-Teilzeit, wenn sie in einer Firma mit über 15 Mitarbeitern beschäftigt sind und der Teilzeit keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. Das kann zum Beispiel ein verspäteter Antrag sein: Wenn eine Ersatzkraft für den Elternzeitnehmer schon eingestellt ist, gilt Teilzeit als nicht mehr zumutbar.

Ernst & young Der Düsseldorfer Standort ist mit mehr als 700 Mitarbeitern groß genug; auch kam Schwarz’ Antrag rechtzeitig. Zudem arbeiten hier gut zehn Prozent aller Mitarbeiter in Teilzeit, auch in Schwarz’ Karriereebene des Mittleren Managements. Ernst & Young begründet die Ablehnung des Antrags vor allem damit, dass in Schwarz’ Abteilung, der Transaktionsbewertung, aufgrund der meist eiligen Projekte alle Mitarbeiter stets voll verfügbar sein müssen.

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