Wann Läufer wirklich Zucker brauchen

Frankfurt/Main/Köln (dpa/tmn) - Er steckt in Sportgetränken, Energy-Gels und Müsliriegeln. Zucker gibt Energie. Er macht aber auch dick und sorgt für Heißhunger. Viele Laufprofis verzichten deshalb ganz darauf.

Ist Zucker nun gut oder schlecht? Für Läufer stimmt beides.

Schwere Beine, hoher Puls, die totale Erschöpfung: Das kennen viele Läufer. Die einen werfen gleich ganz viel Traubenzucker ein. Die anderen argumentieren, das mache einen nur noch kaputter. Der amerikanische Laufguru Dean Karnazes erklärt in seinem Bestseller „Ultramarathon Man“, raffinierten Zucker komplett vom Speiseplan gestrichen zu haben. Ist der weiße Süßstoff wirklich so schlecht? Viele Sportgetränke setzen schließlich auf ihn.

Zucker zählt zu den Kohlenhydraten. Die stecken genauso in Vollkornbrot und Gemüse, gelangen aber unterschiedlich schnell ins Blut. „Langsame“ Kohlenhydrate stellen Energie über einen längeren Zeitraum zur Verfügung, „schnelle“ Kohlenhydrate direkt nach dem Verzehr. Genaue Auskunft darüber gibt der sogenannte glykämische Index, erklärt Thomas Konrad, Leiter des Instituts für Stoffwechselforschung in Frankfurt.

Bei Lebensmitteln mit einem hohen Indexwert wie Weißbrot oder Süßigkeiten steige der Blutzuckerspiegel besonders rasch an, erläutert Konrad. Um gegenzusteuern, schüttet der Körper das Hormon Insulin aus. Aber ist das jetzt schlimm?

„Insulin schleust überschüssigen Zucker aus dem Blut in die Energiespeicher“, sagt der Lauftrainer und Autor Herbert Steffny, der selbst viele Jahre Marathon-Profi war. Das sei beim Laufen gut - die Muskeln würden mit „Sprit“ versorgt und die Kohlenhydratvorräte aufgebaut. „Vor dem Fernseher werden beim Naschen aber keine Kalorien verbraucht. Jetzt fördert Insulin als regelrechtes Masthormon das Übergewicht.“ Aber wann braucht der Läufer Zucker?

„Wer auch mal gerne an seine Grenze geht, über eine Stunde läuft oder für einen kleineren Stadtlauf trainiert, der braucht bei längerem Training einen schnellen Energielieferanten“, antwortet Hans Braun von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Das sind vor allem Sportgetränke, Riegel und Gels, in denen viel Zucker steckt.

Für Hobbyläufer stellt sich allerdings die Frage, ab welchem Trainingspensum „schnelle“ Kohlenhydrate wirklich nötig sind. „Bei einem normalen Dauerlauf bis zu einer Stunde braucht man sie vor oder während der Belastung überhaupt nicht“, findet Steffny. Hobbysportler ohne Marathon-Ambitionen sollten die „schnellen“ Kohlenhydrate also besser von ihrem Speiseplan verbannen.

Auch nach dem Training sei es sinnvoll, die Speicher mit „langsamen“ Kohlenhydraten aufzufüllen. Sie stecken zum Beispiel in Kartoffeln, Gemüse, Vollkornbrot oder Haferflocken. Zucker dagegen bleibt für Läufer wie für Nicht-Läufer ein echter Dickmacher im Alltag. Auch für die „normale“ Trainingsrunde der meisten Läufer ist er in der Regel überflüssig.

Nur bei langem Training oder im Wettkampf braucht der Körper schnelle Energie. Das sieht Ultramarathon-Läufer Dean Karnazes ähnlich. In seinem Buch zählt er die Lebensmittel auf, die er während eines Rennens über 199 Meilen verzehrt hat: unter anderem fünf Schoko-Cookies, vier Erdnussbutter-Sandwiches und einen Käsekuchen.

Literatur:

Steffny, Herbert: Das große Laufbuch: Vom richtigen Einstieg bis zum Marathon, Südwest, 368 S., 22,95 Euro, ISBN 978-3517067285.

Karnazes, Dean: Ultramarathon Man: Aus dem Leben eines 24-Stunden-Läufers, Riva, 317 S., 19,90 Euro, ISBN 978-3936994384.

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