Weihnachtsbaumkunst in Brüssel: Wenigstens nadelt er nicht

Ist das ein Weihnachtsbaum oder kann das weg? Für viele Brüsseler steht fest: Nächstes Jahr wieder Echtholz statt Blinke-Baum!

Brüssel. „Absperrgitter mit Bettlaken!“ So beschreibt eine Passantin den Weihnachtsbaum auf der Grand-Place in Brüssel. Ein echter Baum steht dort nicht, stattdessen türmen sich 24 Meter hoch Würfel aus verschraubten Metallrohren, bespannt mit weißen Tüchern. Wo zur Adventszeit im vergangenen Jahr eine mächtige Tanne ruhte, ragt nun ein kegelförmiges Baugerüst in die Höhe. Touristen machen in der belgischen Hauptstadt verwundert Halt vor der Konstruktion, Einheimische sind empört.

„Xmas3“ — was „Weihnachtsbaum“ heißen soll — nennt die Tourismusbehörde den stark abstrahierten Baum. Nicht nur der Name soll modern wirken, die gesamte Lichtshow zur Adventszeit steht im Zeichen des Aufbruchs. Denn nach Einbruch der Dunkelheit verwandeln sich die Quader in Projektionsflächen für Videos und bunte Animationen. Dann blitzen und blinken die Würfel in Orange, Grün und Blau. „Zu den Aufgaben einer Hauptstadt gehört auch, mit Traditionen zu brechen und modern zu denken“, glaubt Philippe Close vom Tourismusbüro.

Philippe Close, Tourismusbüro

Doch in Brüssel regt sich Widerstand. 25 000 Unterzeichner einer Online-Petition fordern die Rückkehr zum echten Tannenbaum aus „Respekt gegenüber unseren Werten und Traditionen“. So hat sich der Brüsseler Blinke-Baum zum Politikum entwickelt. Als Stadträtin Bianca Debaets bedauerte, dass christliche Symbole zunehmend verschwänden, nutzten andere diese Aussage, um einen Kampf der Kulturen heraufzubeschwören: Der Baum sei nur verschwunden, um muslimische Bürger zu besänftigen.

Um die Polemik scheren sich Einheimische wenig, sie wollen einfach den echten Baum zurück. „Das ist der schlimmste Baum, den ich je gesehen habe“, sagt Samy Sliman, der mit seinen Kindern zur Grand-Place gekommen ist. „Mein Sohn wollte mir nicht glauben, dass das der Baum sein soll.“ Sohn Thomas guckt nach oben und sagt: „Potthässlich.“

Selbst für so enttäuschte Kinder hat Philippe Close eine Antwort parat: „Auch ein kleiner Junge kann etwas über moderne Kunst lernen.“ Ob moderne Kunst Holz und Nadeln auch im nächsten Jahr ersetzen soll, ist allerdings noch nicht entschieden.

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