Weltkulturerbe Loreley: Tunnel oder Brücke?

Nach dem Aufschub der Entscheidung durch die Unesco bleibt die Frage der Rheinquerung weiter unentschieden.

Koblenz/Québec. Tunnel, Brücke, oder etwa ein Ausbau der Fährverbindungen? Seit Jahren wird dieses Thema an dem rund hundert Kilometer langen brückenfreien Abschnitt zwischen Koblenz und Mainz diskutiert.

Wegen seiner faszinierenden Kulturlandschaft ernannte die Unesco das Obere Mittelrheintal mit dem berühmten Loreley-Felsen 2002 zum Weltkulturerbe. Dass eine Brücke den Titel gefährden kann, zeigt das Beispiel der umstrittenen Waldschlößchen-Brücke im Dresdner Elbtal. Rheinland- Pfalz jedoch sucht das Gespräch mit der Unesco.

Das Welterbe-Komitee legte sich im kanadischen Québec aber noch nicht darauf fest, ob eine Brücke über den Rhein die Loreley den Welterbetitel kosten würde. Es bedürfe zunächst einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die verschiedenen Varianten. Zudem verlangte das Welterbe-Komitee eine Studie zum Verkehrsbedarf.

Rheinland-Pfalz hatte gehofft, von der Unesco grünes Licht für eine Brücke, zumindest aber für einen Tunnel zu bekommen. Der Planungsauftrag für das Großprojekt sollte unmittelbar nach der Tagung in Québec vergeben werden. Die Kosten für eine Brücke werden auf 40 Millionen Euro, für einen Tunnel auf mindestens 70 Millionen Euro geschätzt.

Trotz der nun eintretenden Verzögerung sprach der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD) von einem "guten Tag für das Mittelrheintal". Denn zuletzt schien eine Brücke so gut wie ausgeschieden zu sein. Der Präsident des Internationalen Rats für Denkmalpflege (Icomos), Michael Petzet, hatte sich im Januar gegen eine Querung im Tal der Loreley ausgesprochen und auch einen Tunnel skeptisch bewertet. Die Icomos berät die Unesco in Fragen der Denkmalpflege.

Im Februar stellte die Landesregierung Beratern der Unesco drei Varianten für eine Brücke und eine Tunnelvariante vor. In der Empfehlung der Berater für das Welterbe-Komitee war dann nur noch von einem Tunnel die Rede.

Die Landesregierung setzt sich für eine Rheinquerung ein, um den negativen Wirtschaftsdaten in dem Gebiet entgegenzuwirken. Dem Tal eine "Käseglocke" überzustülpen und das Vorhandene nicht anzutasten, sei keine Lösung. Wirtschaftskraft und Einwohnerzahl sinken - der Tourismus kann dies nicht wettmachen. Zum Beispiel halbierte sich nach Angaben des Statistischen Landesamtes die Einwohnerzahl des Ortes Kaub zwischen 1965 und 2006 auf 963 Menschen.

Für die Industrie- und Handelskammer in Koblenz ist eine Rheinquerung eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte im Norden von Rheinland-Pfalz. Doch bis zum Bau ist es noch ein weiter Weg. Bislang hat die Unesco weder einem Tunnel noch einer Brücke zugestimmt. Sie will zunächst wissen, wie sich die unterschiedlichen Bauvarianten auf die Kriterien auswirken, die vor sechs Jahren zur Vergabe des Welterbetitels geführt haben.

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