Experten fordern Neubewertung der Brustkrebs-Früherkennung

Hamburg (dpa) - Neun Jahre nach Einführung des Brustkrebs-Screenings in Deutschland fordern Experten und Politiker eine Neubewertung der Vorsorgeuntersuchung.

Experten fordern Neubewertung der Brustkrebs-Früherkennung
Foto: dpa

Nach einem Bericht des Magazins „Der Spiegel“ geht der dänische Medizinforscher der Cochrane Collaboration Peter Götzsche davon aus, dass eine von 200 Frauen, die über zehn Jahre hinweg regelmäßig zur Mammografie gehen, unnötigerweise die Diagnose Brustkrebs erhält, anschließend operiert und oft strahlenbehandelt wird. Götzsche kritisiert das Screening schon seit vielen Jahren.

Seit 2005 haben Frauen zwischen 50 und 69 Jahren einen Anspruch auf eine regelmäßige Röntgenuntersuchung der Brust alle zwei Jahre. Maßgeblich an der Einführung des Mammografieprogramms beteiligt war SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Inzwischen räumte dieser dem „Spiegel“ zufolge ein: „Alle neuen Erkenntnisse sprechen in der Tendenz eher gegen das Screening.“ Es sei an der Zeit, den Brustkrebscheck neu zu bewerten. Diese Forderung unterstützt demnach auch der Gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn.

In Deutschland erhalten dem Bericht zufolge Frauen der betreffenden Altersgruppe bisher ein Merkblatt der „Kooperationsgemeinschaft Mammographie“ und des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), das für die Teilnahme am Screening wirbt.

Dieses Merkblatt stößt auf Kritik, weil es den Nutzen der Mammografie stark übertreibe. Gerd Gigerenzer, Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin, sagt nach Angaben des „Spiegel“: „Es schweigt sich darüber aus, dass die Gesamtsterblichkeit in der Screening-Gruppe gleich hoch ist wie in der Nicht-Screening-Gruppe. Durch Mammografie wird überhaupt kein Leben gerettet.“ Das Merkblatt werde „derzeit überarbeitet“, zitiert das Nachrichtenmagazin den G-BA.

Bisher nehmen dem Bericht zufolge rund 54 Prozent aller eingeladenen Frauen am Screening teil. Die Krankenkassen geben demnach für die umstrittenen Untersuchungen 220 Millionen Euro im Jahr aus.

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