Krebsmittel könnte Durchbruch für Aidsforschung bringen

Melbourne (dpa) - Ein Krebs-Medikament könnte zum Durchbruch in der Aidsforschung werden: Dänischen Forschern ist es damit gelungen, schlummernde HI-Viren aus ihren Zellen zu locken und sie so der Attacke durch das Immunsystem und durch Medikamente preiszugeben.

Krebsmittel könnte Durchbruch für Aidsforschung bringen
Foto: dpa

Ole Søgaard von der Universität Aarhus stellte die Ergebnisse am Dienstag auf der Welt-Aids-Konferenz in Melbourne vor. Dabei blieb er vorsichtig: „Es ist ein bedeutendes Ergebnis, aber es ist nur ein Schritt auf dem Weg, eine möglichen Heilung zu finden“.

„Dies dürfte einen immensen Einfluss auf die künftige Forschung haben“, sagte Aids-Experte Steven Deeks von der Universität von Kalifornien. „Es ist das wichtigste Ergebnis dieser Konferenz.“ Alle Aids-Experten seien von der Studie elektrisiert, sagte die Co-Vorsitzende der Konferenz, Sharon Lewin: „Sie zeigt, dass das Virus aufgeweckt und zum Verlassen der Zelle gebracht werden kann.“

Die Deutsche Aids-Hilfe wertet die Studie als „wichtigen Schritt“. Es sei aber nicht das erste Mal, dass HI-Viren aus Zellen gelockt worden seien. Nun „müssen weitere Studien zeigen, ob das Medikament auch die Speicher leeren kann und für Patienten sicher ist“.

Das Konzept heißt „Kick and Kill“ - etwa: rausschmeißen und abtöten. Der „Kick“ ist Søgaard und Kollegen in einer ersten kleinen klinischen Studie gelungen: Bei fünf von sechs Patienten brachte das Krebsmittel Romidepsin im April deutliche Ergebnisse. Die Patienten nahmen im Schnitt schon fast zehn Jahre HIV-Medikamente, das Virus war bei ihnen unterhalb der Nachweisgrenze.

„Wir haben eine bedeutende Freisetzung von Virus-Partikeln erreicht“, sagte Søgaard. Diese und andere Patienten bekämen demnächst einen experimentellen Impfstoff, um zu sehen, ob das Immunsystem so aktiviert werden könne, das es die Viren abtöte. Søgaard ist allerdings skeptisch, dass die Reservoire im Körper, in denen sich die Viren verstecken und für eine Behandlung nicht zu erreichen sind, entscheidend reduziert wurden. „Wir wissen nicht, ob wir ein Prozent dieser Zellen, fünf oder 50 erreicht haben.“

Die schlummernden Viren-Reservoire frustrieren Forscher seit langem. Selbst, wenn das Virus im Blut nicht mehr nachweisbar ist, überlebt es lange Zeit in bestimmten Zellen - wo genau, ist noch weitgehend unklar. Das sogenannte Mississippi-Baby zum Beispiel, Kind einer HIV-positiven Mutter, war nach einer 18-monatigen Behandlung fast direkt nach der Geburt 27 Monate lang virenfrei. Es galt daher als funktionell geheilt - doch vor kurzem wurden wieder Viren in seinem Blut nachgewiesen.

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