Sensation am Cern: „Haben ein neues Teilchen gefunden“

Eines der großen Rätsel der Wissenschaft ist gelöst. Wuppertaler waren an dem Meilenstein der Physik beteiligt.

Genf/Wuppertal. Rund 6000 Forscher haben jahrelang danach gesucht und Billiarden von Teilchenkollisionen ausgewertet. „Wir haben ein neues Teilchen gefunden“, jubelte nun der Chef des Europäischen Kernforschungszentrums Cern, Rolf-Dieter Heuer, so viel sei sicher.

„Es ist der Beginn einer langen Reise, alle seine Eigenschaften zu bestimmen“, sagt er. Sehr wahrscheinlich handelt es sich um das lange gesuchte Higgs-Teilchen, den möglicherweise letzten unbekannten Baustein der Materie.

Higgs gilt als Schlüssel zur Antwort auf eine Frage: Warum haben Teilchen eine Masse? Das Standardmodell der Physiker besteht aus Materieteilchen, Kraftteilchen, doch die Masse fehlt bislang.

Nach Vorstellung der Physiker durchzieht das Higgs-Feld das Universum wie ein unsichtbarer Sirup. Die Teilchen reiben sich und bekommen Masse. Das Feld zeigt sich Physikern über das Higgs-Teilchen.

Trotz der Bedeutung des Higgs-Teilchens im physikalischen Weltbild möchten die Forscher nicht von einem Gottesteilchen sprechen, wie es oft genannt wird. „Nach meiner Meinung sind entweder alle Teilchen Gottesteilchen oder keins“, sagte der Forschungsdirektor des Deutschen Elektronen-Synchrotrons Desy in Hamburg, Joachim Mnich kürzlich.

„Es deutet vieles darauf hin, dass eines der großen Rätsel der Physik geklärt ist“, sagt derweil Professor Peter Mättig von der Bergischen Universität Wuppertal. Eine Gruppe Wuppertaler Teilchenphysiker hatte unter anderem Teile des Pixeldetektors gebaut, der beim Atlas-Experiment am Cern zum Einsatz kam.

Diese Entdeckung verglich Heuer mit einem Menschen, der auf einen zukomme. Man sehe ihn von Ferne und erkenne ihn nach und nach womöglich als einen Freund. Zuletzt könne es sich aber immer noch um seinen Zwillingsbruder handeln. Das entdeckte Teilchen gehöre in jedem Fall zur gesuchten Teilchenfamilie der Bosonen.

Ob es das Higgs-Teilchen des Standardmodells ist, könne man erst in einigen Jahren sagen. Aber alle Eigenschaften, die bislang von ihm bekannt seien, stimmten mit denen des postulierten Higgs-Teilchens überein. Die Wahrscheinlichkeit für den Fehler, gar kein Teilchen gefunden zu haben, liegt laut Heuer bei etwa eins zu einer Million. Die Entdeckung gilt damit als wissenschaftlich gesichert.

„Es ist ein Riesenschritt nach vorne“, meint Mnich, der auch am Cern arbeitet. „Es zeigt, dass wir ein gutes Verständnis für die Welt entwickelt haben.“ Der britische Professor Peter Higgs (83), der 1964 zusammen mit Kollegen die nach ihm benannte Theorie aufstellte, hörte im Saal am Cern freudig zu. Er wollte keine großen Kommentare abgeben, meinte aber: „Es ist wirklich unglaublich, dass dies zu meiner Lebenszeit geschehen ist.“

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