Wuppertal bekommt chinesischen Engels

Geschenk zeigt Mitbegründer des Marxismus. Statue wird im April in Wuppertal aufgestellt.

Wuppertal bekommt chinesischen Engels
Foto: dpa

Wuppertal. Mehr als hundert Jahre nach seinem Tod bekommt Friedrich Engels doch noch ein Denkmal in seiner Heimatstadt Wuppertal. Die fast vier Meter hohe Plastik aus Bronze ist ein Geschenk der Volksrepublik China und zeigt den Unternehmer und Mitbegründer des Marxismus in grüblerischer Haltung. Der heutige Vize-Premier der aufstrebenden Wirtschaftsmacht, Ma Kai, hatte das Kunstwerk 2010 bei einem Besuch im Engels-Haus zugesagt. Nun soll das Abbild des Philosophen Anfang April aufgestellt werden.

Dann haben auch die chinesischen Gäste, die in Wuppertal mehr und mehr auf den Spuren von Engels wandeln, ein richtiges Fotomotiv. Denn in der bergischen Metropole erinnert bis auf das schieferverkleidete Wohnhaus der Familie Engels nicht viel an den 1895 in London gestorbenen Unternehmer, Mäzen und Wegbegleiter von Karl Marx. Das Engels-Haus im heute zu Wuppertal gehörenden Barmen verbreitet immer noch den dezenten Reichtum der pietistischen Unternehmerfamilie, in die Engels hineingeboren wurde. Hier hängen Fotos des stets tadellos gekleideten Philosophen, liegen seine in kleiner, gestochener Schrift verfassten Briefe an die Familie im heutigen Wuppertal. Eine Auswahl historischer Bände illustriert Engels Bedeutung für die Arbeiterbewegung.

Ein Vierteljahrhundert nach dem Fall der Mauer stellt Wuppertal sich staunend darauf ein, dass einer der Stammväter des Kommunismus eine Touristenattraktion geworden ist. Museumsdirektor Eberhard Illner händigt Visitenkarten in Deutsch und Chinesisch aus. Die Wirtschaftsförderer der stets klammen Stadt hoffen auf Rückenwind durch neue Kontakte.

Die Wende kam, als Ma Kai bei einer Visite im Engels-Haus gleich vier Stunden blieb. Der mächtige Politiker habe mit gespitztem Bleistift vor ihm gesessen, erzählt der Museumsdirektor: „Marx und Engels sind für das moderne China Leitfiguren.“ Kürzlich waren in einer Woche sieben Delegationen da. Es kommen Filmteams, Reiseleiter-Gruppen, aber auch Abgesandte von Ministerien, Polizei oder Unternehmen.

Erleichtert realisierten die Kommunalpolitiker, dass der Denkmal-Entwurf sich von früheren heroischen Darstellungen im Stil des sozialistischen Realismus unterscheidet. Die Arbeit des Künstlers Chenggang Zeng soll in Sichtweite des Engels-Hauses auf den Sockel kommen. Es zeigt den hochgewachsenen, bärtigen Philosophen in Denkerpose. Wohin der Blick des Mannes mit den revolutionären Ideen geht, steht noch nicht fest.

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