Wut über die Folgen eines Scherzanrufs

Nach dem Suizid einer englischen Krankenschwester kippt die Stimmung. Die Radiomoderatoren seien „am Boden zerstört“.

Sydney/London. Der Tod einer britischen Krankenschwester hat erst Entsetzen ausgelöst — und dann Wut. Am Pranger stehen zwei Moderatoren eines australischen Radiosenders, die Jacintha Saldanha mit einem Scherzanruf im Krankenhaus der schwangeren Kate aufs Glatteis führten und möglicherweise in die Verzweiflung. Die 46-Jährige hatte gedacht, sie habe die Queen am Apparat und stellte den Anruf ohne weitere Nachfrage zu der Station durch, auf der die Frau von Prinz William wegen schwerer Übelkeit behandelt wurde.

Allerdings war auch Tage nach dem Tod der 46-jährigen Krankenschwester noch immer nicht klar, wie sie starb. Die Polizei schließt Fremdverschulden aus, machte zur Todesursache aber ansonsten keine Angaben. Medien gehen davon aus, dass sich Saldanha nach der Panne im Londoner „King Edward VII Hospital“ beschämt das Leben nahm. Bei Menschen, die wie Prinz Charles anfangs über den Streich gelacht haben, schlägt Fassungslosigkeit inzwischen in Wut um.

Die richtet sich vor allem gegen die Moderatoren Mel Greig und Michael Christian. Sie hätten „Blut an den Händen“, schrieb ein empörter Twitterer, „Schämt euch!“ und „Sie gehören ins Gefängnis!“ andere. Die beiden seien am Boden zerstört, man mache sich Sorgen um ihren Zustand und sie seien in intensiver Therapie, teilte ihr Arbeitgeber mit. Greig und Christian werden für den Tod von Saldanha verantwortlich gemacht, obwohl nicht bekannt ist, ob andere Probleme im Leben der zweifachen Mutter eine Rolle spielten.

Doch bekommen die Moderatoren in ihrem Heimatland auch Rückendeckung. Etwa von Jeff Kennett, dem Vorsitzenden einer Organisation, die über Depressionen informiert. „Ein harmloser Scherz“, sagte er im Rundfunk. „Man kann doch nicht alle Scherze verbieten, weil man die Folgen nicht abschätzen kann.“ „Mel Greig und Michael Christian haben die Krankenschwester nicht umgebracht“, schreibt der australische „Telegraph“. Erst die britische Presse habe den Anruf zu einem Zwischenfall mit Weltecho gemacht und den Druck auf die Klinikmitarbeiter erhöht.

In Großbritannien dürfte mancher bei aller Bestürzung froh sein, dass es kein britisches Medium war, das sich den Scherz erlaubte. Die Boulevardpresse auf der Insel steht nach dem Medienskandal um Methoden und Eingriffe in die Privatsphäre auch der Royals unter besonderer Beobachtung. Dort ist eine Art Presserat im Gespräch, der die Medien und die Einhaltung ethischer Standards überwachen soll.

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