Als Dr. King Ost-Berlin besuchte

Am Samstag vor 50 Jahren kam der Bürgerrechtler Martin Luther King nach Deutschland.

Als Dr. King Ost-Berlin besuchte
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Berlin. Der denkwürdige Besuch hätte fast eine handfeste diplomatische Krise ausgelöst. Denn ein Auftritt des charismatischen US-Bürgerrechtlers und Predigers Dr. Martin Luther King am Samstag vor 50 Jahren, am 13. September 1964, in Ost-Berlin — in zwei Kirchen — war gar nicht geplant. King war auf Einladung von West-Berlins Regierendem Bürgermeister Willy Brandt (SPD) gekommen, um an einer Gedenkveranstaltung für den ein Jahr zuvor ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy teilzunehmen.

Als Dr. King Ost-Berlin besuchte
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Der spontane Besuch auf der anderen Seite der Mauer war Kings Entscheidung. Die Vertretung des US-Außenministeriums in West-Berlin versuchte, dies zu verhindern. Sie zog den Reisepass von King ein. Beeindrucken ließ der sich davon nicht.

Die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz würdigt den Besuch am Sonntag mit einem Gedenkgottesdienst an historischem Ort in der St. Marienkirche in Berlin-Mitte. Als Ehrengast nimmt Bundespräsident Joachim Gauck daran teil. Als junger Student lauschte er selbst dem legendären Auftritt von Martin Luther King in der Kirche, wie das Bundespräsidialamt bestätigte.

Gaucks Onkel — Pfarrer Gerhard Schmitt — begrüßte den Gast aus den USA. Der evangelische Superintendent von Ost-Berlin wurde als aktiver Gegner des DDR-Regimes stark von der Stasi überwacht, wie „Spiegel Online“ 2009 berichtete.

Nach einer Predigt in der West-Berliner Waldbühne nahm Dr. King am 13. September 1964 eine Einladung des Verwalters des Bischofsamtes in Ost-Berlin, Günter Jacob, an, wie es in Medienberichten heißt. Nirgendwo wurde sein Auftritt in der Ost-Berliner St. Marienkirche in der Nähe des Alexanderplatzes angekündigt. Doch schon Stunden vorher drängten sich Hunderte Menschen in und vor der Kirche.

Kings Limousine passierte am Abend den internationalen Grenzübergang Checkpoint Charlie. Als Ausweis konnte der berühmte Amerikaner nur seine Kreditkarte vorweisen. Die reichte den DDR-Grenzern nach halbstündiger Beratung jedoch als Identifikation des bekannten Bürgerrechtlers. Nur Kings Frau musste in West-Berlin bleiben.

King überbrachte seinen Ost-Berliner Zuhörern Grüße aus West-Berlin und Amerika. Gebannt lauschten die Menschen dem Verfechter eines gewaltlosen Widerstands gegen Unterdrückung, Ungerechtigkeit und Unfreiheit, der kurze Zeit später mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde — ehe er 1968 einem Attentat zum Opfer fiel. Er prangerte die Mauer als Symbol der Teilung an. „Denn auf beiden Seiten der Mauer sind Gottes Kinder und keine durch Menschenhand gemachte Grenze kann diese Tatsache auslöschen.“

Der Andrang der Ost-Berliner war so groß, dass spontan noch ein zweiter Auftritt von King in der Sophienkirche organisiert wurde. Auch dort fanden bei weitem nicht alle Platz. Auch nach den Gottesdiensten nahm sich King noch Zeit für die Menschen. Er kehrte erst nach Mitternacht nach West-Berlin zurück.

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