Arafat wegen Giftmordverdachts exhumiert

Ramallah (dpa) - Zur Überprüfung des Giftmord-Verdachts ist der ehemalige Palästinenserpräsident Jassir Arafat acht Jahre nach seinem Tod in Ramallah exhumiert worden. Palästinensische Experten nahmen am Dienstag im Beisein ausländischer Kollegen kleine Proben des Leichnams, teilte der Leiter der palästinensischen Kommission zur Aufklärung der Todesursache des legendären Palästinenserführers, Tawfik Tirawi, anschließend mit.

Für die meisten Palästinenser steht fest, dass Arafat von Israel vergiftet wurde. Ihnen geht es nur noch um die Frage, welches Gift eingesetzt wurde.

Je ein Team aus der Schweiz, aus Frankreich und auf Wunsch der Palästinenser auch aus Russland habe ein gleiches Set von Proben erhalten. Diese sollen in den jeweiligen Heimatländern der Experten auf Hinweise auf die radioaktive Substanz Polonium 210 untersucht werden. Mit Ergebnissen sei erst in etwa drei Monaten zu rechnen.

Sollte es keinen Befund geben, würden die Palästinenser die Wissenschaftler um weitere Tests bitten, bis das Gift identifiziert sei, fügte Tirawi hinzu. Zugleich versicherte er, dass nur Landsleute Arafats die Proben entnommen hätten. „Kein Ausländer hat die sterblichen Überreste berührt.“

Tirawi ließ keinen Raum für Zweifel an der These, dass Israel den langjährigen Widersacher vergiftet habe. „Wir haben Beweise, dass Israel hinter der Ermordung steckt, aber uns fehlt der Nachweis. Wenn es den gibt, werden wir den Internationalen Strafgerichtshof (in Den Haag) anrufen, und ich hoffe, dies wird unser erster Fall vor dem Gericht, wenn wir als Beobachterstaat von den Vereinten Nationen anerkannt sind“, fügte Tirawi hinzu. Darüber soll die UN-Vollversammlung voraussichtlich am Donnerstag abstimmen. Eine Mehrheit galt als sicher.

Der legendäre Palästinenserführer war im November 2004 in einem Militärkrankenhaus bei Paris im Alter von 75 Jahren gestorben. Die Todesursache konnte damals nicht zweifelsfrei geklärt werden. Der Giftmordverdacht verstärkte sich noch, als Schweizer Experten im Juli an der Unterwäsche Arafats, die er kurz vor seinem Tod getragen hatte, Spuren von Polonium 210 fanden.

Die schwierigen Exhumierungsarbeiten in dem weiträumig abgesperrten Mausoleum hatten schon vor zwei Wochen begonnen. Die Gebeine Arafats lagen unter Tonnen von Beton in vier Metern Tiefe begraben. Die dicke Betondecke war dafür vorgesehen, Schutz vor unbefugtem Zugriff zu bieten. Die Arbeiter mussten sehr vorsichtig vorgehen und durften nur leichte Bohrmaschinen einsetzen, um dauerhaften Schaden an der Grabstätte zu vermeiden.

Die französische Justiz hatte im August Ermittlungen wegen Mordverdachts eingeleitet, nachdem Arafats Witwe Suha dort Anzeige gegen unbekannt erstattet hatte. Schweizer Experten hatten eine rasche Untersuchung der Leiche gefordert, weil sonst mögliche radioaktive Spuren im Knochengewebe Arafats wegen ihres raschen Zerfalls nicht mehr nachweisbar wären.

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