Autofahrer in Frankreich müssen Alkoholtester mit sich führen

Fast jeder dritte Unfall mit Todesfolge hängt mit Alkohol zusammen. Neuregelung gilt ab 1. Juli auch für Fahrer aus dem Ausland.

Paris. Frankreich-Urlauber aufgepasst: Wer mit seinem Auto oder dem Motorrad nach Paris, in die Bretagne oder an die Côte d’Azur fährt, muss vom Sommer an einen Alkoholtester mit sich führen. Dies sieht eine Gesetzesnovelle vor, die am 1. Juli 2012 in Kraft tritt. Erst nach einer viermonatigen Übergangsfrist werden ab dem 1. November Geldbußen von elf Euro fällig.

„Diese Maßnahme ist Teil unseres Kampfes gegen den Unfalltod auf Frankreichs Straßen“, sagt eine Sprecherin des Verkehrsministeriums. Im Jahr 2010 verunglückten in Frankreich bei Verkehrsunfällen 3994 Menschen tödlich (Deutschland: 3648/Statistisches Bundesamt). Auffällig dabei: Bei 31 Prozent dieser tödlichen Unfällen war in Frankreich Alkohol im Spiel — in Deutschland waren es 9,4 Prozent.

Gesetzlich vorgeschrieben sind so genannte „Alkohol-Schnelltester“, die hauptsächlich in Supermärkten, Apotheken und Drogerien angeboten werden. Ihr Stückpreis liegt nach einer Presseerklärung des Elysée-Palastes bei 1,50 bis zwei Euro. Sie enthalten ein Pusteröhrchen, das sich sofort blau färbt, sobald der zulässige Alkohol-Grenzwert überschritten ist.

In Frankreich herrscht genauso wie in Deutschland die 0,5-Promille-Grenze. Das französische Verkehrsministerium legt Autofahrern nahe, sich aus Kostengründen Test-Sets mit mehreren Röhrchen ins Handschuhfach zu legen.

Teile der englischen Presse prangern den obligatorischen Alkoholtester à la française bereits als üble Bestrafung harmloser britischer Urlauber an. „Zuerst die Warnweste und das Warndreieck, und nun der Alkoholtester“, schwadroniert etwa die „Daily Mail“. Kritiker der Neuregelung weisen nicht nur darauf hin, dass die vorgeschrieben Pusteröhrchen nicht unbedingt verlässlich sind. Außerdem würden viele Autofahrer nicht berücksichtigen, dass sie erst 20 bis 30 Minuten nach dem letzten Schluck Bier benutzt werden sollten. Denn so lange brauchen Bier und Bordeaux, Champagner und Cognac, bis der Alkohol auch tatsächlich im Blut und in der Atemluft angekommen ist.

Der Markt hält eine verwirrende Fülle digitaler Alkoholtester bereit. Nach Angaben eines in Deutschland führenden Herstellers kosten zuverlässige digitale Geräte, die vom Standard her denen der Polizei entsprechen, rund 200 Euro.

Der ADAC dagegen hält sich mit einem Urteil zurück. Die Gesetzesänderung in Frankreich sei in erster Linie für die einheimischen Fahrer gedacht und keinesfalls eine Schikane für Touristen, betont eine Sprecherin, und fügt hinzu: „Die Praxis wird nun zeigen, ob Autofahrer in Frankreich in Zukunft weniger trinken.“

Die französische „Liga gegen die Gewalt auf Straßen“ hält die verbindliche Einführung der Alkoholtester für völlig unzureichend. „Davon profitiert hauptsächlich die Industrie, die solche Tester herstellt“, sagt ihre Präsidentin Chantal Perrichon. Um Autofahrer davon abzuhalten, sich benebelt ans Steuer zu setzen, dringt sie auf schärfere Verkehrskontrollen — „vor allem an Wochenenden, auch spät in der Nacht, und in der Nähe von Bars und Diskotheken“.

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