Belgien muss nun Reformen umsetzen

Das Land bekommt nach anderthalb Jahren eine neue Regierung. Diese muss die liegen gebliebenen Probleme zügig lösen.

Brüssel. Mitten in der schweren europäischen Finanzkrise wird der Sozialist Elio Di Rupo (60) neuer belgischer Premierminister. Sozialisten, Christdemokraten und Liberale aus Flandern und der Wallonie einigten sich im Grundsatz auf eine Koalition. Di Rupo ist seit 1974 der erste Politiker aus dem Französisch sprechenden Süden Belgiens an der Spitze der Regierung.

Damit naht nach mehr als anderthalb Jahren ein Ende der Regierungskrise. Und viele sagen: Es ging doch eigentlich gar nicht so schlecht! Premierminister Yves Leterme, der seit den letzten Parlamentswahlen im Juni 2010 nur noch kommissarisch amtiert, hat sich in der Rolle des Landesgeschäftsführers besser geschlagen als zu den Zeiten, da er noch ganz normaler Ministerpräsident war.

Wer Belgien nach 535 Tagen Regierungskrise besucht, erlebt keinen Ausnahmezustand. Und die Bürger haben das Gewurstel um die Koalitionsbildung eher mit Sarkasmus als mit Beunruhigung verfolgt. Doch das Königreich liefert nicht den Beweis, dass politische Führung auf Dauer überflüssig ist.

Denn längst knirscht es im Gebälk. Strukturreformen — Haushaltssanierung, Renten- und Gesundheitsreform, Beschäftigungs- und Asylpolitik — konnten nicht angepackt werden. Immer mehr Stellen im Staatsapparat blieben bis auf weiteres unbesetzt, bis hin zum Verfassungsgericht. Vor allem aber war die Geduld der EU und der Finanzmärkte jetzt am Ende.

Die Abwertung durch die Rating-Agenturen Ende vergangener Woche trieb die Risikoaufschläge für belgische Staatsanleihen in die Höhe. „Ein ganz böser Treffer ins belgische Tor”, klagt Karl-Heinz Lambertz, Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

Jedenfalls ein klares Signal: Belgien hat zu hohe Schulden und zu schwache Banken und wird aus der Malaise nicht ohne richtige Regierung herauskommen. Ob mit, muss sich nun zeigen.

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