Camerons Stern sinkt in der eigenen Partei

Londoner Bürgermeister Boris Johnson ist der neue Liebling der Konservativen.

Birmingham. Wenn Premier David Cameron am Mittwoch beim Tory-Parteitag seine Vision für Großbritannien vorstellt, blicken im Publikum viele nicht nach vorn, sondern zurück: Genau vor sieben Jahren hatte der junge Konservative mit einer modernen, optimistischen Rede die Partei auf Siegeskurs gelenkt und sich als Regierungschef empfohlen.

Heute ist von der Aufbruchstimmung nichts mehr zu spüren. Stattdessen wird ein anderer als neuer Popstar gefeiert: Olympia-Bürgermeister Boris Johnson.

Als sein Schatzkanzler George Osborne auf dem Podium verkündet, dass Angestellte in Zukunft ihre Arbeitnehmerrechte ja an Betriebe verkaufen könnten, sitzt Premier David Cameron mit müdem Blick im Publikum des Tory-Parteitags in Birmingham. Auffällig viele Plätze sind leer.

Dabei galt er beim Parteitag in Blackpool vor sieben Jahren als Tory-Wunderkind: Der Nachwuchspolitiker überraschte die Delegierten mit einer charismatischen Rede — gut gelaunt, frisch, ohne Skript.

Nach drei verlorenen Wahlen gegen Labour-Star Tony Blair war Cameron ihre erste, größte und jüngste Chance. Doch kein Versprechen von frischem Wind bei Industrie, Bildungs- und Gesundheitswesen hat sich bis heute erfüllt.

Im verflixten siebten Jahr seit Camerons fulminanten Parteitagsdebüt glänzt heute in Birmingham ein anderer: Londons Bürgermeister Boris Johnson ist Dienstag wie ein Popstar auf der Tory-Bühne empfangen worden. Getragen von einer Welle der Olympia-Euphorie, wird dem entzauberten Premier die „BoJo“-Manie immer gefährlicher.

Johnson scheint vielen da der ideale Nachfolger oder gar Ersatz Camerons zu sein. Der Blondschopf aus London ist beliebter als alle drei Parteivorsitzenden Großbritanniens. „Meine Frau meint, dass dieses Ergebnis ganz schlecht für mein Ego sei“, wischte er die Konkurrenzgerüchte zwar schlagfertig beiseite. Ausschließen wollte er etwaige Ambitionen allerdings auch nicht.

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