Elfenbeinküste: UN fordern Aufklärung über Massaker

Kapstadt/Abidjan/New York (dpa) - Der Kampf um die Macht in der Elfenbeinküste geht weiter: Den Truppen des legal gewählten Präsidenten Alassane Ouattara ist es auch am vierten Tag nach ihrem Einmarsch in die Wirtschaftsmetropole Abidjan nicht gelungen, die Stadt unter Kontrolle zu bringen.

Nach einem Massaker mit mehreren hundert Toten in Duékoué im Westen der Elfenbeinküste forderte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eine Untersuchung des Blutbades. Die Schuldigen müssten unbedingt bestraft werden, sagte der Koreaner nach Angaben der Vereinten Nationen in einem Telefongespräch mit Ouattara am Samstagabend. Ouattara bestritt, dass seine Truppen irgendetwas mit dem Massaker zu tun hätten. Er lud Ban ein, eine internationale Kommission mit der Klärung des Blutbades zu betrauen.

Die Hintergründe des Geschehens in Duékoué waren am Sonntag weiterhin unklar. Die Hilfsorganisation Caritas sprach auf ihrem Internet-Portal von einem „Massaker“ mit 1000 Toten. „Die Caritas weiß nicht, wer verantwortlich ist für das Töten“, betonte die Hilfsorganisation.

Das Internationale Rote Kreuz (IRK) hatte am Donnerstag die Toten auf den Straßen des Ortes gefunden. „Es war schockierend und entsetzlich“, sagte IRK-Sprecher Kelnor Panglung in Abidjan dem Sender BBC. Etwa 800 Menschen seien vermutlich am Dienstag getötet worden, einen Tag nach dem Einmarsch von Ouattaras Truppen. Die UN-Mission in der Elfenbeinküste (ONUCI) hatte gemeldet, es seien mehr als 330 Menschen in Duékoué umgekommen.

Die Streitkräfte des noch amtierenden Präsidenten Laurent Gbagbo, der auch knapp fünf Monate nach seiner Wahlniederlage nicht seinen Platz räumen will, verteidigten bis Sonntag erfolgreich in Abdijan den Präsidentenpalast und die Residenz. Gbagbos Anhänger hatten am Samstag auch das Gebäude des staatlichen Fernsehens zurückerobert. Allerdings dominieren die Truppen Ouattaras das westafrikanische Land weitgehend.

Am Wochenende wuchs die Furcht vor neuen Gewaltausbrüchen in dem Vielvölkerstaat im Westen Afrikas. Die Spannungen zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen seien enorm, berichtete Panglung. „Es gibt viel Angst.“ Aus dem ganzen Land kämen Berichte über gewaltsame Übergriffe und blutige Konfrontationen, über Tote und Verletzte, sagte er. Auch die Organisation Ärzte ohne Grenzen berichtete von zunehmenden Spannungen im Land. „Die Zahl der Verletzten ist extrem beunruhigend“, erklärte Renzo Fricke von der Hilfsorganisation. Vier UN-Soldaten wurden laut der UN-Mission in der Elfenbeinküste ONUCI am Samstag schwer verletzt, als sie unerwartet in ihrem Fahrzeug beschossen wurden.

Das Präsidialamt in Paris nannte die Berichte über die Gewalt gegen Zivilisten in der Elfenbeinküste „sehr besorgniserregend“. Frankreich fordere von Ouattara und allen Parteien in dem Land „größte Zurückhaltung und strikte Vermeidung von jeglicher Gewalt gegen Zivilisten“. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatte in einem Telefongespräch mit Ouattara am Freitagabend betont, dass die Verantwortlichen für Gewaltakte zur Rechenschaft gezogen würden.

Die UN hatten vor Bekanntwerden der Zahlen aus Duékoué geschätzt, dass der Machtkampf in der Elfenbeinküste bisher etwa 500 Todesopfer gefordert habe. Etwa eine Million Menschen sind demnach auf der Flucht. Der Menschenrechtsexperte der UNOCI meinte, das derzeit „keine der beiden Seiten die Menschenrechte respektiert“. Für die kommenden Tage werden weitere Kämpfe erwartet. Ein Sprecher Ouattaras meinte laut BBC am Samstag, der eigentliche Angriff auf Gbagbo werde derzeit erst vorbereitet.

Der internationale Druck auf Gbagbo, zurückzutreten, zeigte bis Samstag keine Wirkung. Nach der EU und den USA forderte am Freitag auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den abgewählten Präsidenten auf, die Macht an seinen gewählten Nachfolger abzugeben. Beide Konfliktparteien sollten Zurückhaltung üben, verlangte Ban in einer Erklärung.

Die französischen Truppen und die Blauhelme der UN-Mission UNOCI hatten am Freitag ihre Präsenz in den Straßen von Abidjan verstärkt. Auf dem französischen Militär-Stützpunkt Port-Bout in der Nähe des Flughafens von Abidjan haben bis Samstag über 1500 ausländische Zivilisten Zuflucht gesucht. Am Sonntag übernahmen französische Soldaten die Kontrolle über den internationalen Flughafen, teilte die Militärführung in Paris mit.

Gbagbo, der bei den Wahlen im November verloren hatte, will nach den Worten seines Vertrauten Alain Toussaint „lieber sterben als aufgeben“. Dies sagte er dem französischen Fernsehsender „I-Télé“. Unklar war auch am Sonntag der Aufenthaltsort des 65-Jährigen Gbagbo. Der abgewählte Präsident befindet sich nach Einschätzung seiner Gegner entweder im Präsidentenpalast oder seiner Residenz in Abidjan.

In den vergangenen Tagen hatten die Streitkräfte der Elfenbeinküste ihre bisherige Loyalität zu Gbagbo aufgekündigt. Er verfüge nur noch über etwa 2000 Mann aus Republikanischer Garde und bewaffneten Studenten, hieß es in Abidjan.

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