Flutlicht statt Rotlicht: Sextouristenwelle bleibt bei EM aus

Befürchtungen der Frauenrechtler bestätigen sich nicht. Deutliche Kritik an der Protestgruppe Femen.

Kiew. Die Nacktproteste der ukrainischen Femen-Gruppe sorgen seit Wochen für Wirbel. Oben ohne machen sie gegen Sextourismus zur Europameisterschaft mobil und mahnen: „Unser Land ist kein Bordell!“ Die jungen Frauen riskieren viel. Im EM-Spielort Donezk nahm die Polizei drei Aktivistinnen fest, weil sie angeblich „etwas Schlechtes planten“. Von Misshandlungen ist die Rede. Doch nun stellt sich heraus: Die Demos gehen an der Wirklichkeit vorbei. Der befürchtete Ansturm von Sextouristen zur EM ist ausgeblieben.

„Ich habe seit dem Eröffnungsspiel mit vielen Prostituierten in allen Spielstädten gesprochen. Keine von ihnen hat mir etwas von Massen ausländischer Freier erzählt“, berichtet Olena Zukerman von der Kiewer Hilfsorganisation Legalife, die sich für die Rechte der rund 180 000 Frauen im ukrainischen Sexgewerbe einsetzt. „Die Fans interessieren sich für Bier und Fußball“, erklärt Zukerman und wirft Femen vor, mit den Nacktprotesten nur Werbung in eigener Sache zu machen. „Das sind Clowns.“

Auch die „Kiew Post“ gibt Entwarnung. Die Zeitung lässt mehrere Prostituierte zu Wort kommen. Fazit: „Tote Hose, wir haben nur wenige ausländische Freier.“ Das sonst eher regierungskritische Blatt gibt diesmal sogar dem ukrainischen EM-Chef Markian Lubkiwski recht, der sagt: „Die Fans haben keine Zeit für Sex.“ Flutlicht statt Rotlicht: „Die Prostituierten sind von den Fans enttäuscht“, heißt es.

Dabei war das ukrainische Sexgewerbe gut auf die Fußball-Touristen vorbereitet. Stripbars und Bordelle stockten ihr Personal auf. Taxifahrer und Vermieter von EM-Quartieren erstellten laut „Kiew Post“ Listen mit Kontaktdaten von Prostituierten, um sie an eintreffende Fans weiterzureichen. Auch das Hotelpersonal ist oft mit im Spiel und ermöglicht den Damen gezielte nächtliche Anrufe bei ausländischen Gästen. Genutzt hat es augenscheinlich nichts.

Sergiu Grimalschi von der Deutschen Aidshilfe überrascht das nicht. Der Experte beruft sich auf die Erfahrungen bei früheren Sportturnieren. „Eine Welle von Sextourismus haben wir bei Welt- und Europameisterschaften nicht beobachten können“, sagt er. In Erinnerung geblieben sind ihm vor allem die Bilder von gelangweilten Prostituierten bei der WM in Deutschland 2006.

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