Frankreich: Le Pens Wähler könnten den Ausschlag geben

Frankreichs Noch-Präsident Sarkozy ist auf die Stimmen des rechten Lagers angewiesen.

Paris. Nach der Wahl ist vor der Wahl, deshalb bleibt den Präsidentschaftskandidaten keine Zeit zum Durchatmen. Gleich am Montagmorgen ziehen der Sozialist François Hollande und der Gaullist Nicolas Sarkozy wieder in den Wahlkampf.

Am 6. Mai steigt die Stichwahl. Amtsinhaber Sarkozy ist nur Außenseiter, die Trümpfe liegen in Hollandes Hand. Nach 17 Jahren gaullistischer Vorherrschaft liegt ein Machtwechsel in der Luft.

Für große Irritation sorgt der hohe Anteil an Protestwählern — zusammen mehr als 30 Prozent. Millionen Enttäuschter, die der Rechtspopulistin Marine Le Pen und dem linken Volkstribun Jean-Luc Mélenchon hinterherlaufen, können den Machtkampf unberechenbar machen.

Die Blicke richten sich besonders auf die Chefin des „Front National“. Mit fast 18 Prozent in Runde eins etabliert sie die Rechtsextremen mit Abstand als dritte politische Kraft der V. Republik. Der Frontfrau scheint das Kunststück zu gelingen, den antisemitisch angehauchten „Front National“ zu entdämonisieren.

Nicolas Sarkozy kann seinen Sessel im Palast nur noch verteidigen, wenn er Millionen Le-Pen-Wähler auf seine Seite zieht. Bei der Wahl vor fünf Jahren hatte der Law-and-Order-Politiker noch das Kunststück geschafft, dem „Front“ das Wasser abzugraben.

Doch seitdem Jean-Marie Le Pen das Zepter seiner Tochter Marine übergeben hat, kehrt die Rechtsaußen-Partei zu gefürchteter Stärke zurück. Besonders bei Protestwählern kommen die Parolen gut an. Marine Le Pen will raus aus EU und Euro, sie wettert gegen Globalisierung und Privilegien. Gleichzeitig schürt sie die Angst vor Immigration, Islam und Überfremdung.

Sarkozy versucht seit Wochen, Le-Pen-Wähler mit einem Rechtsschwenk (kein Halal-Fleisch in Schulen) und EU-kritischen Vorschlägen (schärfere Grenzkontrollen) zu beeindrucken. Doch das birgt beachtliche Risiken. „Er könnte damit die christdemokratischen, pro-europäischen Wähler des Zentristen Bayrou abschrecken und ins Hollande-Lager treiben“, sagt der Politikwissenschaftler Hans Stark.

Um das Blatt zu drehen, wendet Sarkozy, ein begnadeter Rhetoriker, jedwede List an. Dreimal möchte er den wenig schlagfertigen Hollande zu einem TV-Duell auffordern. Doch dieser will nur einmal antreten — am 2. Mai.

Derweil hat die Börse in Paris mit heftigen Kursverlusten und höheren Renditen für französische Staatsanleihen auf die erste Runde der Wahl reagiert.

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