Griechischer Schuldenschnitt auf dem Weg

Athen (dpa) - Die griechische Regierung hat das Gesetz für einen möglichen Zwangs-Schuldenschnitt auf den Weg gebracht. Es sieht vor, dass private Gläubiger zum Forderungsverzicht gezwungen werden können, falls die Beteiligung am freiwilligen Schuldenschnitt zu niedrig ausfällt.

Dies teilte das griechische Parlament am Mittwoch in Athen mit. Mit der Mehrheit von 199 der 300 Abgeordneten will die Regierung von Ministerpräsident Lucas Papademos das Gesetz am Donnerstag verabschieden. Als Reaktion darauf senkte die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit des Landes auf die schlechteste Note vor einem Kreditausfall - von „CCC“ auf „C“.

Das ohnehin seit Jahren in der Depression steckende Land stellt sich derweil auch für 2012 auf ein höheres Staatsdefizit ein, als ursprünglich angenommen. Hintergrund sind die ökonomischen Effekte der immer neuen Sparbemühungen, die seit längerem die wirtschaftliche Leistung des Landes dämpfen.

Die aktuell schlechteren Aussichten gehen aus einem Zusatz-Haushalt hervor, der dem griechischen Parlament am Mittwoch vorgelegt wurde. Wie das staatliche Fernsehen (NET) weiter berichtete, wird nun mit einem Defizit in Höhe von 6,7 Prozent der Wirtschaftsleistung gerechnet - nach ursprünglich 5,4 Prozent. Im Zusatz-Haushalt sind Einsparungen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro vorgesehen.

Allerdings wird die Korrektur seitens der Geldgeber nicht als Hiobsbotschaft gewertet - im Gegenteil. Die Zahlen seien besser, als im Bericht der „Troika“ erwartet, hieß es beim Finanzministerium in Berlin. Dessen Sprecherin Marianne Kothé wies darauf hin, dass die Daten des „Troika“-Berichtes von EU-Kommission, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) etwas schlechter gewesen seien. „Von daher sind wir mit diesen 6,7 Prozent eigentlich ganz zufrieden“, sagte Kothé.

Die griechische Regierung geht zurzeit davon aus, dass die Wirtschaft 2011 um 6,9 Prozent geschrumpft ist. Für das laufende Jahr wird mit einem weiteren Minus zwischen vier und fünf Prozent gerechnet. Damit wird 2012 zum fünften Rezessionsjahr in Folge. Dramatisch ist die Lage vor allem bei kleineren und mittleren Betrieben, von denen nach Verbandsangaben in Athen in der vergangenen zwei Jahren knapp 90 000 wegen der Finanzkrise schließen mussten. Für weitere 61 000 dieser Betriebe wird in diesem Jahr mit dem Aus gerechnet.

Das griechische Finanzministerium hat unterdessen einen genauen Fahrplan für den Schuldenschnitt der privaten Gläubiger ausgearbeitet. Damit soll der Schuldenstand um 107 Milliarden Euro reduziert werden. Die im Tausch ausgegebenen neuen Anleihen werden bis 2015 einen Zinssatz von zwei Prozent haben. Danach wird der Zinssatz bis zum Jahr 2042 stufenweise steigen (auf 3 Prozent bis 2021, danach 4,3 Prozent). Das offizielle Angebot an die Banken und andere Finanzinstitute soll nach Berichten des staatlichen Rundfunks am Freitag vorgelegt werden.

Bis zum 8. März sollen sich die Banken dann ins Buch der sogenannten Willigen eintragen. Bei einer Zustimmungsquote von mindestens 95 Prozent gilt der Schuldenschnitt als erfolgreich abgeschlossen. Ist dies nicht der Fall, tritt die Zwangsklausel (Collective Action Clausel, CAC) in Kraft - allerdings nur, wenn sich zuvor die Gläubiger mit mehr als 66 Prozent zum Schuldenschnitt bereiterklärt haben.

Für einheimische Kleinanleger bis 100 000 Euro ließ der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos am Mittwoch ein kleines Fenster offen. Die Regierung in Athen werde für die „Personen-Sparer“ Sorge tragen, erklärte Venizelos.

Wegen des bevorstehenden Forderungsverzichts der privaten Gläubiger stufte Fitch das Rating Griechenlands von „CCC“ auf „C“ herab - eine Entscheidung, mit der Venizelos am Vortag schon gerechnet hatte. „Das ist eine Entscheidung, die jede Agentur für sich entscheiden kann“, sagte Venizelos. Fitch kündigte an, den Anleihentausch als „teilweisen Kreditausfall“ zu werten. Es sei sehr wahrscheinlich, dass es bald dazu kommen werde. Nach dem Tausch würden die neuen Anleihen wieder neu bewertet.

Bislang ist unabsehbar, ob ein solches Urteil die ohnehin nervösen Finanzmärkte erneut erschüttern würde. Mit einem „Kreditausfall“ würden zudem Kreditausfallversicherungen (CDS) in unbekannter Höhe fällig, was die europäische Politik aus Sorge vor Turbulenzen und Kettenreaktionen unbedingt vermeiden wollte.

Ohnehin gibt es noch offene Fragen. „Die genauen Bedingungen sind noch nicht klar“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Hans-Joachim Massenberg. Sie würden erst in der kommenden Woche von der griechischen Regierung vorgelegt. Dann hätten die privaten Gläubiger voraussichtlich eine Frist von bis zu 14 Tagen, „in der jedes Haus für sich entscheiden kann“, ob es sich an dem Forderungsverzicht beteiligen wird.

Obwohl eine Staatspleite Griechenlands immer noch nicht dauerhaft abgewendet ist, sperrt sich die Bundesregierung unverändert gegen eine Aufstockung des künftigen Euro-Rettungsschirms ESM. Eine solche Ausweitung wird vom Internationalen Währungsfonds (IWF) gefordert. Das Programm, das im Juli startet, soll 500 Milliarden Euro an Hilfskrediten vergeben können. Beim EU-Gipfel im März soll eine Aufstockung nochmals diskutiert werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird bei ihrem Treffen mit Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker am Freitag das Thema voraussichtlich ansprechen.

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