Haben Bundespolizisten Überstunden-Abrechnungen manipuliert?

Berlin/München (dpa) - Personenschützer der Bundespolizei an den Botschaften in Kabul und Bagdad sollen nach einem „Focus“-Bericht jahrelang dienstliche Abrechnungen manipuliert haben.

Durch unberechtigt geltend gemachte Überstunden und Geldleistungen sei ein Schaden von mehreren hunderttausend Euro entstanden, berichtet das Magazin unter Berufung auf Fachbeamte. Die Polizeigewerkschaften wiesen die Vorwürfe umgehend zurück.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, sprach von einer „beispiellosen Schmutzkampagne“. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) nannte die Vorwürfe „erstunken und erlogen“.

Das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium hätten die Leitung der Bundespolizei mehrmals auf die Missstände hingewiesen, heißt es in dem „Focus“-Bericht. Reaktionen seien jedoch ausgeblieben. Der kürzlich von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) abgelöste Bundespolizei-Präsident Matthias Seeger und seine beiden Stellvertreter sollen von den Betrügereien gewusst haben, schreibt das Magazin.

Schon zuvor hatte es Spekulationen gegeben, Seeger sei wegen Verfehlungen von Bundespolizisten in Afghanistan entlassen worden. Berichte, wonach er das Posieren von Polizisten mit Totenkopf-Flagge und Waffen vor der Residenz des Botschafters in Kabul im Jahr 2009 nicht geahndet haben soll, hatte das Innenministerium in Berlin nicht bestätigen wollen.

In die angeblich falsche Abrechnung von Arbeitsstunden der Personenschützer soll laut „Focus“ ein direkter Vorgesetzter eingeweiht gewesen sein. So habe ein Leibwächter aus der Botschaft Kabul im März 2010 seinem Referatsleiter im Potsdamer Bundespolizei-Präsidium per Email mitgeteilt: „Wir frisieren den Stundenzettel also auf 500 Stunden.“

Die GdP erklärte dazu, mit den „massiven Mehrarbeitsstunden“ würden die Bundespolizisten der Bundesrepublik Deutschland den Einsatz von deutlich mehr Sicherheitskräften und damit erhebliche Kosten einsparen. Die bisher angefallene Mehrarbeit sei mit Zustimmung der Botschaften und der dortigen Personalvertretung erfolgt.

„Ärgerlicherweise haben es das Bundesministerium des Innern und das Auswärtige Amt bis heute nicht geschafft, eine Vereinbarung über den ordentlichen Ausgleich dieser Stunden abzuschließen“, kritisierte Jürgen Stark, im GdP-Vorstand für Auslandseinsätze zuständig.

DPolG-Chef Wendt betonte: „Tatsache ist, das sämtliche Abrechnungen und die komplette Dienstaufsicht der Personenschützer im Ausland durch das Auswärtige Amt ausgeführt wurden. Im Zusammenwirken mit dem Innenministerium wurden sämtliche Abrechnungen als sachlich richtig bewertet.“ Jetzt solle der Streit darüber, wer die Kosten bezahlen soll, dem Bundespolizeipräsidium in die Schuhe geschoben werden. „Unter diesem Bundesinnenministerium ist die Übernahme jeder Führungsfunktion ein berufliches Himmelfahrtskommando“, sagte Wendt am Samstag der dpa.

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