Iraner strafen Ahmadinedschad bei Richtungswahl ab

Teheran (dpa) - Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat bei der Parlamentswahl eine deutliche Niederlage einstecken müssen. Sieger ist nach der bisherigen Auszählung ein Bündnis von Konservativen um Parlamentspräsident Ali Laridschani.

Drei Viertel der Wähler hätten dafür gestimmt, wie der staatliche Sender PressTV berichtete. Dagegen habe das Präsidentenlager bislang nur zehn der 290 Mandate gewonnen.

Weil das Parlament bei wichtigen strategischen Entscheidungen nichts zu sagen hat, wird das Wahlergebnis keinen Einfluss auf die Atomgespräche mit dem Westen und die damit verbundenen Sanktionen haben. Allerdings hat der 53 Jahre alte Laridschani gute Aussichten, seinen erbitterten Feind Ahmadinedschad nach der Präsidentenwahl 2013 abzulösen. Ahmadinedschad darf zwar nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandideren, er wollte aber das Amt für sein Lager sichern.

Die Wahlbeteiligung soll nach Angaben des Innenministeriums bei 64,2 Prozent liegen (2008: 65 Prozent) Allerdings habe in Teheran nur jeder Zweite (52 Prozent) gewählt. Die Opposition nannte die Angaben frisiert. Die Reformer hatten zu einem Wahlboykott aufgerufen. Das vorläufige amtliche Endergebnis wird erst am Sonntag erwartet.

Die Parlamentswahl war der erste Stimmungstest in der Bevölkerung seit der umstrittenen Wiederwahl Ahmadinedschads 2009. Die Opposition sprach damals von Wahlbetrug. Aus dem innenpolitischen Machtkampf gingen jetzt die Konservativen um Laridschani sowie der Klerus gestärkt hervor. Eine Niederlage mit hohem Symbolwert musste Ahmadinedschad selbst in seiner Heimatstadt Garmsar einstecken. Dort scheiterte seine Schwester Parvin, wie Medien berichteten.

Damit ist vorläufig auch ein Richtungsstreit entschieden. Dabei ging es vereinfacht darum, wie islamisch die Republik Iran sein soll. Das Laridschani-Bündnis pflegt enge Beziehungen zum religiösen Führer und Staatsoberhaupt, Ajatollah Ali Chamenei. Die sogenannten Prinzipalisten fühlen sich außerdem den Prinzipien der islamischen Revolution von 1979 verpflichtet.

Die Konservativen werfen Ahmadinedschad vor, er wolle mit einem nationalistischen Kurs die Macht des Klerus beschneiden. Der amtierende Präsident spricht hingegen von einer „Dritten Welle“, um sich von Reformern und Konservativen abzugrenzen, die das politische Leben im Iran drei Jahrzehnte lang bestimmt haben.

Die iranische Opposition hatte vor der Abstimmung zu einem Wahlboykott aufgerufen. Regimegegner wurden nach Einschätzung von Experten praktisch mundtot gemacht. Die Führer der Reformbewegung, Mir Hussein Mussawi und Mehdi Karrubi, stehen unter Hausarrest. Andere Oppositionspolitiker sitzen im Gefängnis oder haben der Politik den Rücken gekehrt. Viele Iraner sind frustriert, nachdem die Massenproteste nach der umstrittenen Wiederwahl Ahmadinedschads vor drei Jahren gewaltsam niedergeschlagen wurden.

Die Verschiebung der Machtbalance im Iran hat vor allem Einfluss auf die Innen- und Wirtschaftspolitik. Eine Änderung des bisherigen Kurses in den Atomgesprächen mit dem Westen wird nicht erwartet. Die Entscheidungsgewalt liegt beim religiösen Führer Chamenei und dessen Beratern.

Im Atomstreit hat US-Präsident Barack Obama sowohl die Führung im Iran als auch in Israel ausdrücklich darauf hingewiesen, die Entschlossenheit seiner Regierung ernst zu nehmen, den Iran mit allen nötigen Mitteln am Bau einer Atomwaffe zu hindern. „Ich denke, dass die israelische Regierung erkennt, dass ich, als Präsident der Vereinigten Staaten, nicht bluffe“, sagte Obama in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit dem Magazin „The Atlantic“. „Ich laufe aber (...) auch nicht herum und hänge exakt an die große Glocke, was wir beabsichtigen.“

Obama empfängt am Montag den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Weißen Haus. Der Präsident will nach Medienberichten Israel von einem möglichen Militärschlag gegen den Iran abhalten. Israel betrachtet das Atomprogramm im Iran als größte Bedrohung seiner Existenz.

Netanjahu hatte vor seinem US-Besuch die internationale Gemeinschaft aufgefordert, der Führung in Teheran drei Bedingungen für die Gespräche zu stellen. Dabei forderte Netanjahu unter anderem, dass der Iran die Anreicherung von Uran beendet. Aus Sicht von Kommentatoren macht allein diese Forderung alle Chancen auf eine Lösung des Atomstreits mit dem Iran zunichte.

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