Kompromiss im US-Etatstreit

Washington (dpa) - Im erbitterten US-Haushaltsstreit haben Demokraten und Republikaner die weltgrößte Volkswirtschaft mit einem Kompromiss wohl vor schwerem Schaden bewahrt. Die Einigung kam am Neujahrstag buchstäblich auf den letzten Drücker zustande.

Der Senat beschloss den Plan mit klarer Mehrheit. Ob auch das republikanisch beherrschte Repräsentantenhaus zustimmen wird, war zunächst offen. Die Abgeordneten der konservativen Partei wollten erst am Abend MEZ entscheiden, wann sie ein Votum ansetzen.

Um die Vorlage im Abgeordnetenhaus abzusegnen, müssten mehr als 20 Republikaner mit den Demokraten stimmen. Der Kompromiss sieht Steuererhöhungen für die Reicheren vor. Unter den konservativen Abgeordneten gibt es dagegen teils massiven Widerstand. Dennoch gingen die meisten Insider in Washington davon aus, dass der Kompromiss am Ende auch im Repräsentantenhaus die nötige Mehrheit findet und von Präsident Barack Obama in Kraft gesetzt werden kann.

Mit dem Kompromiss sollen Steuererleichterungen für die Mittelschicht verlängert, aber Reiche mit einem jährlichen Haushaltseinkommen von mehr als 450 000 Dollar (341 000 Euro) stärker zur Kasse gebeten werden. Zudem ist vorgesehen, mehr als zwei Millionen Arbeitslosen weiter Leistungen zu zahlen und Ausgabenkürzungen zum Abbau des Defizits für zwei Monate auszusetzen. Insgesamt hat der Kompromiss einen Umfang von 600 Milliarden Dollar (knapp 454 Mrd Euro), rechneten Experten vor.

Der jetzt vereinbarte Plan schütze 98 Prozent der Amerikaner und 97 Prozent der kleineren Unternehmer vor Steuererhöhungen, sagte Obama nach der Abstimmung im Senat. 89 Mitglieder der kleineren Kongresskammer votierten für den Plan, acht dagegen. Obama rief das Abgeordnetenhaus auf, den Kompromiss nun ebenfalls rasch zu billigen. Eine Zustimmung noch am Neujahrstag würde sicherstellen, dass der Deal vor Öffnung der Börsen am Mittwoch endgültig unter Dach und Fach ist. Das galt aber am Dienstag als eher unwahrscheinlich. Die republikanische Fraktionsführung teilte mit, der Kompromiss müsse erst einmal begutachtet werden.

Da der Kompromiss eben nicht vor Mitternacht vom Kongress verabschiedet wurde, sind die USA nun zumindest kurzfristig von der sogenannten Fiskalklippe gestürzt. Das heißt, es traten planmäßig Steuererhöhungen für alle und massive Ausgabenkürzungen nach dem Rasenmäher-Prinzip querbeet durch den Haushalt in Kraft.

Experten hatten davor gewarnt, dass dieser Mix die gerade genesende US-Wirtschaft wieder abwürgen und die Arbeitslosigkeit erneut in die Höhe treiben könnte. Gibt das Abgeordnetenhaus aber in den nächsten Tagen grünes Licht für den Kompromiss, würden die automatischen Maßnahmen rechtzeitig genug annulliert, um sich nicht bremsend auf die Konjunktur auszuwirken.

Obama bedauerte zwar, dass keine große Lösung zustande gekommen sei. Um das enorme Haushaltsdefizit des Landes zu reduzieren, sei noch viel zu tun, fügte er hinzu. Die jetzt erzielte Vereinbarung stelle aber sicher, dass dies durch eine „Kombination von Ausgabenreduzierungen und Einnahmensteigerungen“ geschehe.

Die automatischen Kürzungen - unter anderem im milliardenschweren Verteidigungsetat - sollen ausgesetzt werden, um Zeit für ein durchdachtes Sparprogramm zu gewinnen. Die daraus entstehenden finanziellen Lücken sollen zum Teil durch Steuereinnahmen gestopft werden.

Allerdings zeichnet sich bereits ein neues heftiges Tauziehen um den künftigen Sparplan ab. Wie US-Finanzminister Timothy Geithner dem Kongress ins Stammbuch schrieb, haben die USA zum Jahresende ihre Schuldenobergrenze von 16,4 Billionen Dollar erreicht. Damit beginnen laut Geithner nun Haushaltsumschichtungen, damit das Land zumindest zwei Monate lang zahlungsfähig bleibt.

Dies bedeutet wiederum, dass der Kongress die Schuldengrenze spätestens Ende Februar oder Anfang März erhöhen muss - genau dann, wenn auch dem Kompromiss zufolge das erst einmal vertagte umfassende Sparprogramm zum Defizitabbau neu festgezurrt werden soll.

Republikaner wie Senator John McCain haben bereits klargemacht, dass sie die Erhöhung des Schuldenlimits als Gelegenheit nutzen wollen, ihre Sparvorstellungen durchzudrücken. McCain sprach am Montag sogar von einem bevorstehenden Showdown, der noch heftiger sein werde als der derzeitige Haushaltsstreit.

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