Monti ist Favorit für Übergangsregierung in Rom

Rom (dpa) - Der ehemalige EU-Kommissar Mario Monti hat aus Sicht italienischer Medien und Politiker gute Chancen, Silvio Berlusconi zu beerben. Demnach könnte Monti schon bald Chef einer Übergangsregierung in Rom werden.

Als „Gegengift gegen den Zusammenbruch“ würdigte ihn am Donnerstag die Turiner Tageszeitung „La Stampa“. Monti sei in der „Pole Position“ für Berlusconis Sessel.

Ein Großteil der linken Opposition favorisiert den 68-jährigen Norditaliener schon länger. Doch nun soll auch Berlusconi seine Meinung geändert haben und für Monti sein, was seine Regierungspartei PdL (Volk der Freiheit) allerdings zunächst zu spalten schien.

„Ich wünsche Ihnen erfolgreiche Arbeit im Interesse des Landes“, beglückwünschte Berlusconi den ehemaligen EU-Kommissar am Donnerstag in einem Telegramm nach seiner Ernennung zum Senator auf Lebenszeit. Staatspräsident Giorgio Napolitano hatte die Ernennung am Mittwochabend überraschend vorgenommen. Politik und Medien werteten das am Donnerstag als eindeutiges Zeichen dafür, dass Napolitano den Mailänder Wirtschaftsexperten sobald wie möglich zum Chef einer Übergangsregierung machen will. Dafür muss Monti allerdings eine Mehrheit im Parlament finden.

Wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa aus Regierungskreisen berichtete, hatte Berlusconi in einer nächtlichen Krisensitzung erklärt, eine Übergangsregierung sei unumgänglich. Und auch einer Regierung unter Führung von Monti stehe er offen gegenüber. Weil sich daraufhin aus seiner Partei Befürworter wie Gegner einer Notregierung zu Wort meldeten, berief Berlusconi am Donnerstag ein erneutes Treffen der PdL-Führungsspitze in Rom ein. Nach dem Treffen sagte Parteichef Angelino Alfano, „eine Neuwahl wäre zwar besser, aber Napolitano möge entscheiden“.

Berlusconi hatte sich bisher - wie auch die Lega Nord, der Juniorpartner in seiner Mitte-Rechts-Regierung - stets für baldige Neuwahlen ausgesprochen. Aus dem rechten Spektrum war vor allem sein Vertrauter Gianni Letta für den Posten des Ministerpräsidenten vorgeschlagen worden. Die rechtspopulistische Lega Nord will lieber in die Opposition gehen als eine Übergangsregierung zu akzeptieren. Die Lega Nord habe sich auf einem nächtlichen Krisengipfel strikt gegen Monti ausgesprochen, hieß es in Medienberichten.

Demnach steht - neben einem Großteil der Opposition - auch nur ein Teil von Berlusconis Regierungspartei Pdl einer Regierung Monti positiv gegenüber. Dasselbe gelte für die kleine Antikorruptionspartei Idv (Italien der Werte) unter Antonio di Pietro. Eine Lösung Monti wäre „eine Regierung, die auf die Banken, das Finanzsystem, ja gar die Spekulanten hört“, sagte Di Pietro. Mit den Interessen der italienischen Bevölkerung habe dies nichts zu tun.

Rom hatte nach einem schwarzen Tag auf den Märkten am Mittwochabend beschlossen, das geplante Stabilitätsgesetz mit den in Brüssel versprochenen Reformzusätzen nun im Eiltempo schon am Wochenende definitiv zu verabschieden. Danach müsste Berlusconi zurücktreten. Der Medienmogul hatte am Vortag seinen Rücktritt angekündigt, sobald die Reformen beschlossen sind. Die Abstimmung über den Rechenschaftsbericht seiner Koalitionsregierung hatte gezeigt, dass er keine Mehrheit mehr im Parlament hat.

Der Euro fiel am Mittwoch nach der Rücktrittserklärung Berlusconis in Richtung 1,36 US-Dollar. Die europäischen Aktienmärkte starteten zwar mit Gewinnen in den Handel, sackten dann aber rasch mehr als 2,5 Prozent ins Minus. Die Rendite der richtungsweisenden italienischen Staatsanleihe mit zehnjähriger Laufzeit lag erstmals seit der Euro-Einführung über der Marke von sieben Prozent. Am Donnerstag entspannte sich die Lage am italienischen Anleihemarkt aber wieder deutlich.

Italien ist nach Griechenland das Mitglied mit der höchsten Staatsverschuldung gemessen an der Wirtschaftsleistung. Inzwischen überwachen Europäische Union und IWF die Sanierungsbemühungen des Landes.

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