Montis Fachleute-Kabinett vereidigt

Rom (dpa) - Italien hat eine neue Regierung: Der frühere EU-Kommissar Mario Monti ist nun auch offiziell eingesetzt und steht an der Spitze einer Notregierung aus Fachleuten.

Staatspräsident Giorgio Napolitano vereidigte die neue Regierung Monti am Mittwoch. Als erster legte der zukünftige Ministerpräsident seinen Eid ab.

Im Anschluss an die Zeremonie im Quirinalpalast des Staatspräsidenten ging Monti traditionsgemäß in den Palazzo Chigi und übernahm offiziell das Amt von seinem Vorgänger Silvio Berlusconi. Berlusconi wünschte ihm „Viel Glück“ und verließ den Regierungssitz gemeinsam mit seinem Vertrauten Gianni Letta, wie italienische Medien berichteten.

Die letzten Hindernisse auf dem Weg zu einer neuen Führung des hoch verschuldeten Landes nach dem Rücktritt des 75-jährigen Medienmoguls waren am Mittwoch ausgeräumt worden. Erste Reaktionen im In- und Ausland werteten den Wechsel am Tiber überwiegend positiv.

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy schickte Glückwünsche und übermittelte Monti den Wunsch Frankreichs für eine enge Zusammenarbeit. „Die kommenden Wochen werden entscheidend sein. Zusammen werden wir Erfolg haben“, heißt es in einer vom Elysée veröffentlichten Erklärung.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) freut sich auf die Zusammenarbeit mit dem Ministerpräsidenten: „Sie schätzt ihn sehr. Er ist ein Fachmann, der die europäischen Verhältnisse sehr gut kennt“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Der frühere italienische Regierungschef Romano Prodi kommentierte: „Ich glaube, dass Monti der richtige Mann ist, um die Spannungen zu überwinden.“

Nach einem langen Gespräch mit Napolitano hatte Monti am Mittag sein zahlenmäßig eher kleines „Kabinett der Fachleute“ aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung präsentiert. Er stellte zwölf Minister vor, darunter fungiert er selbst interimsweise auch im Amt des Wirtschafts- und Finanzministers. Zudem ernannte er fünf Minister „ohne Portfolio“, also Sonderminister ohne Geschäftsbereich für besondere Aufgaben. Sein am Samstag zurückgetretener Vorgänger Berlusconi war 2008 mit 21 Ministern angetreten - darunter neun Sonderministern. Die Mannschaft war später aufgestockt worden.

Politiker sind entgegen früheren Überlegungen im Kabinett nicht vertreten. „Während der Konsultationen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Abwesenheit von Politikern der Regierung die Arbeit erleichtert“, erklärte Monti.

Neuer Außenminister wird der derzeitige Botschafter Italiens in Washington, Giulio Terzi di Sant'Agata. Das Verteidigungsministerium geht an den Nato-Admiral Giampaolo di Paola. Justiz-, Arbeits- und Innenministerium sind weiblich besetzt mit der bekannten Strafanwältin Paola Severino als neuer Justizministerin, der ausgewiesenen Verwaltungsfachfrau Anna Maria Cancellieri als Innenministerin und der Wirtschaftswissenschaftlerin Elsa Fornero als neuer Arbeitsministerin.

Monti kündigte an, sein Regierungsprogramm am Donnerstag im Parlament vorstellen zu wollen. Den Ex-EU-Mann erwartet die schwere Aufgabe, das Land aus der tiefen Schulden- und Wachstumskrise der Berlusconi-Ära zu führen.

Die größte linke Oppositionspartei PD (Demokratische Partei) begrüßte die neue Regierung. „Wir haben einen Wechsel und eine neue, starke Technokratenregierung gefordert: Klar, dass wir zufrieden sind“, erklärte Parteichef Pierluigi Bersani in einer Pressekonferenz am Abend. „Nun muss die Arbeit beginnen, wir stehen bereit mit voller Kooperation und aktiver Unterstützung.“ Sein Amtsvorgänger Walter Veltroni würdigte Montis Kabinett als „optimale Regierungsmannschaft aus kompetenten und respektablen Fachleuten“. Vatikan-Staatssekretär Tarcisio Bertone wünschte Monti ebenfalls gutes Gelingen.

Auch aus den Reihen der PdL-Partei von Berlusconi kamen positive Stimmen. Berlusconis Ex-Justizminister Francesco Nitto Palma bezeichnete seine Nachfolgerin Severino sowie die neue Innenministerin Cancellieri als optimale Wahl. Das Amt des Justizministers ist vor allem für Berlusconi sensibel, der noch in vier Verfahren auf der Anklagebank sitzt.

Die Chefin der größten italienischen Gewerkschaft CGIL, Susanna Camusso, äußerte die Hoffnung, dass die neue Regierung nicht sofort mit der von den Gewerkschaften abgelehnten Lockerung des Arbeitnehmerschutzes anfangen werde. Dasselbe gelte für die geplante Rentenreform. Man werde die Regierung in jedem Fall erst nach ihren Fakten beurteilen, erklärte Camusso. Vertreter der kleinen linken Partei Italien der Werte stimmten ihr zu. Ein negatives Echo auf den neuen Premier kam - wie erwartet - aus den Reihen von Berlusconis ehemaligem Bündnispartner Lega Nord.

„Wenn es wahr ist, dass man den guten Tag schon an seinem Morgen erkennt, dann herrscht schon jetzt dunkle Nacht“, polterte der frühere Minister für Gesetzesvereinfachung, Lega-Mann Roberto Calderoli. Seine Partei werde mit Freuden gegen die neue Regierung stimmen. Die populistische Nordpartei hatte sich von Anfang an gegen eine Übergangsregierung ausgesprochen und Neuwahlen angestrebt.

Die Regierung Monti muss noch vom Parlament bestätigt werden. Es gilt als sicher, dass die 63. italienische Nachkriegsregierung spätestens am Freitag eine breite Zustimmung des Parlaments in Rom erhalten wird.

Monti hatte zunächst einer Regierungsbildung nur „unter Vorbehalt“ zugestimmt. Der 68-Jährige wollte erst mit Parteien und Sozialpartnern sondieren, wie breit der Rückhalt für eine Notregierung ist. Am Dienstag hatten die beiden größten Parteien des Landes - PdL und PD - ihre Unterstützung für ein Monti-Kabinett zugesagt. Auch die Sozialpartner befürworten eine Regierung unter dem angesehenen und parteilosen Wirtschaftsfachmann.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort