Nordkorea schürt Angst in der Region

Der geglückte Raketenstart festigt die Machtposition Kims — und soll vor allem die USA zu Zugeständnissen bewegen.

Seoul. Die Südkoreaner fielen am Mittwoch wie aus allen Wolken, als Nordkorea eine Rakete ins All schoss. Am Vortag hatten sie noch allen Grund zu glauben, das kommunistische Nachbarland werde das umstrittene Vorhaben nicht vor der Präsidentenwahl in Südkorea am nächsten Mittwoch durchführen.

Von „Nordwind“ sprechen sie, wenn das Nachbarland nach ihrer Ansicht versucht, die Wahlen zu beeinflussen. Nordkorea hatte zwei Tage zuvor noch das Startfenster bis zum 29. Dezember verschoben.

Als Gründe für den Start sehen Beobachter vor allem die innenpolitische Situation. Nordkoreas junger Machthaber Kim Jong Un will seine Stellung weiter festigen. Den erfolgreichen Raketenstart könne das Regime jetzt gezielt als Propagandamittel ausschlachten.

Nach nordkoreanischen Angaben brachte eine Trägerrakete einen Forschungssatelliten auf eine Umlaufbahn. Auch Südkorea und die USA gehen davon aus, dass die Rakete ein „Objekt“ im Orbit ausgesetzt hat.

Allerdings verurteilten sie Nordkorea, weil sie darin den Test einer Interkontinentalrakete sehen, die einen atomaren Sprengkopf tragen kann. Ob ihre angedrohten Strafmaßnahmen noch mehr Druck ausüben können, wird bezweifelt. Nordkorea lebt seit langem mit Sanktionen. Und China zieht in der Regel nicht mit.

Besonders nach einem missglückten Raketenstart im April brauchte das Regime von Kim jetzt einen Erfolg. Der noch nicht 30-jährige Kim war kurz nach dem Tod seines Vaters am 17. Dezember zum neuen obersten Führer ausgerufen worden.

Der Raketenstart erfolgte zudem zu einem prekären Zeitpunkt. In den USA steht Präsident Barack Obama kurz vor seiner zweiten Amtszeit, die Kommunistische Partei in China hat eine neue Führung bestimmt und nicht nur in Südkorea, sondern auch in Japan stehen Wahlen bevor.

„Für Pjöngjang zahlt sich Provokation aus“, meint der Experte Lee Sung Yoon von der Tufts-Universität in Massachusetts. Wie er glauben viele Beobachter, dass Nordkorea mit seinen Raketen- und Atomtests die anderen Länder in der Region und besonders die USA zu größeren Zugeständnissen im Poker um seine Waffenprogramme zwingen will.

Militärisch gesehen wird das Bedrohungsszenario für die USA tatsächlich konkreter: Nordkorea könnte vielleicht bald Atomraketen bauen, die amerikanisches Festland erreichen können.

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