Obamas Chance heißt „Sandy“

Der Präsident kann sich durch den Hurrikan als Krisenmanager profilieren.

Washington. Er ist kein Gerhard Schröder, der in Gummistiefeln durch die Fluten watet und Leuten auf die Schulter klopft. Das Ärmelhochkrempeln fällt ihm schwer.

Doch für US-Präsident Barack Obama könnte Hurrikan „Sandy“ einen ähnlichen Vorteil bringen, wie 2002 dem damaligen Kanzler das Jahrhunderthochwasser an der Elbe: Die Katastrophe durchkreuzt zwar das Wahlkampffinale — doch sie bietet Obama auch eine neue Bühne.

Vom Wahlkämpfer zum Krisenmanager: Bilder zeigen Obama im dunklen Jackett und mit geöffnetem Hemdkragen zwischen Militärs und Nothelfern in der Zentrale der nationalen Krisenbehörde Fema. „Ganz nah dran“ wolle er sein, wenn „Sandy“ zuschlägt, hat er verkündet.

Reisen hat er abgesagt, um im Krisenstab des Weißen Hauses die Fäden zu ziehen, wenn der Jahrhundertsturm in einem der am dichtesten besiedelten Gebiete seines Landes zuschlägt. „Alles, was sie brauchen, werden sie bekommen“, versichert Obama. „Wir wollen sicherstellen, dass wir den Ereignissen möglichst vorgreifen und bereit sind.“

Acht Tage vor der Wahl will der Oberbefehlshaber um jeden Preis ein Desaster wie nach Hurrikan „Katrina“ im August 2005 vermeiden. „Der Verlust von ziviler Kultur im öffentlichen Dienst in Washington hat zu bekannten Katastrophen wie dem Missmanagement von ,Katrina’ geführt“, hatte er noch 2008 als Präsidentschaftskandidat über die Regierung von George W. Bush geschimpft.

Die musste sich dem Vorwurf stellen, deutliche Warnungen im Vorfeld überhört und durch Untätigkeit die Folgen der Flutkatastrophe von New Orleans verschlimmert zu haben.

Obama ist im Vorteil: Während Romney auf Wahlkampftour nur die Sturmopfer in ihre Gebete einschließen kann, hält der Amtsinhaber das Heft des Handelns in der Hand. Er sitzt im Krisenzentrum, er ruft den Notstand aus.

Auf der Route des Monstersturms liegen wahlentscheidende Staaten — etwa Virginia. In dem wegen seiner vielen Wechselwähler besonders heiß umworbenen, traditionell aber eher konservativen Bundesstaat lag Obama am Montag nach einer Umfrage mit 51 zu 47 Prozent vorn.

Auf weitere Stimmen hoffen die Demokraten dort wie anderswo durch die sogenannten frühen Wähler, die wegen Terminproblemen bereits vor dem 6. November ihre Stimmen abgeben können. Oft sind es Menschen, die mit drei Jobs gleichzeitig jonglieren müssen, um ihre Existenz zu sichern — also kaum die Klientel der Republikaner.

Wenn auch noch in ländlichen Gebieten tagelang Straßen überflutet sind und der Verkehr durch umgestürzte Bäume brach liegt, könnte dies auch jene älteren Wähler behindern, die eher für die Republikaner stimmen.

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