Polens früherer Primas Kardinal Glemp ist tot

Warschau (dpa) - Der frühere Primas der katholischen Kirche Polens, Kardinal Jozef Glemp, ist tot. Der 83-jährige starb am Mittwoch nach langer Krankheit, teilte der Sprecher der katholischen Bischofskonferenz Polens am Abend auf der Webseite des Episkopats mit.

Glemp hatte im vergangenen März bekanntgemacht, dass er unter einem bösartigen Lungentumor leide. Noch am Mittwochvormittag hatten Kirchenvertreter die Gläubigen gebeten, für den schwer kranken Kardinal zu beten, da sich sein Gesundheitszustand dramatisch verschlechtert habe.

„Er war ein sehr bescheidener Mensch, dem die Aufgabe zufiel, die (polnische) Kirche in einem sehr schwierigen Moment zu leiten“, sagte Tadeusz Mazowiecki, der erste nicht-kommunistische Regierungschef Polens nach 1989, im Nachrichtensender TVN 24. Glemp habe sich in die Geschichte der polnischen Politik in einer stürmischen Zeit eingeschrieben, sagte Regierungssprecher Pawel Gras am Donnerstag in einer Stellungnahme. „Für die Bischöfe war er eine Autorität, auch nach dem Ende seines Amtes als Vorsitzender der Bischofskonferenz“, sagte Jozef Kloch, der Sprecher der Bischofskonferenz.

Der aus einer Arbeiterfamilie mit deutschen Wurzeln stammende Glemp stand von 1981 bis 2009 an der Spitze der katholischen Kirche Polens. In seine Amtszeit fielen das Kriegsrecht im Jahr 1981, der Zusammenbruch des Kommunismus, der EU-Beitritt Polens und der Tod des polnischen Papstes Johannes Paul II.

Kritiker warfen ihm eine zu zaghafte Haltung im Umgang mit der kommunistischen Staatsführung vor allem während des Kriegsrechts vor. Doch Glemp konnte auch Druck widerstehen - nach der politischen Wende in Polen und der Öffnung von Geheimdienstakten wurde bekannt: Der Sicherheitsdienst hatte 15 Jahre lang vergeblich versucht, Glemp für Spitzeldienste anzuwerben.

Der 1956 zum Priester geweihte Glemp arbeitete zunächst in ländlichen Regionen, bis er 1967 als Priester der Gnesener Kurie auch Sekretär von Kardinal Stefan Wyszynski wurde und an dessen Seite in der Kirchenhierarchie aufstieg. Im Jahr 1979 wurde er Bischof von Ermland, 1981 trat er die Nachfolge Wyszynskis als Erzbischof von Gnesen und Warschau an, seit 1983 trug er das Purpur der Kardinäle. Im Alter von 80 Jahren gab er 2009 sein Amt als Primas der katholischen Kirche Polens auf.

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