Spaniens junge Elite im Deutschland-Fieber

Weil es im eigenen Land kaum noch Jobs gibt, zieht es viele Akademiker ins Land des Fachkräftemangels.

Madrid. „Einen Sturm auf Deutschland“ prognostizieren spanische Medien. Sie berichten ausgiebig über das „neue Fieber“, das sich unter jungen Spaniern breit macht, „um Deutsch zu lernen“.

In der Tat laufen die Telefondrähte der deutschen Vorposten in Spanien heiß: Diplomatische Vertretungen, deutsche Schulen, Sprachakademien und die deutschen Goethe-Kulturinstitute können sich vor Anfragen kaum noch retten. Das boomende Deutschland wird für die unter der Krise leidenden Spanier zum gelobten Land: „Adiós España“, sagen immer mehr junge Leute.

Seit in Spanien bekannt wurde, dass Deutschlands überdurchschnittlich wachsende Wirtschaft händeringend gut ausgebildetes Personal sucht, wie etwa Ingenieure, Informatiker, Ärzte, Pflegekräfte oder auch Hotel- und Tourismusfachleute, seitdem träumen zehntausende junge Spanier vom Auswandern nach Alemania.

Ursache ist eine Kampagne unter dem Titel „In Deutschland arbeiten“, welche die deutsche Bundesagentur für Arbeit zusammen mit dem spanischen Arbeitsamt startete — und die ein ungeahntes Echo südlich der Pyrenäen fand. Dazu muss man wissen, dass auf Spaniens Arbeitsmarkt derzeit überhaupt nichts mehr läuft: Die spanische Arbeitslosenquote ist mit mehr als 20 Prozent — dem höchsten Stand seit 1997 — die schlimmste in der ganzen EU.

Bei den jungen Leuten bis 25 Jahren sind sogar 42 Prozent ohne Job. Eine Beschäftigungs-Katastrophe, deren Ende noch nicht absehbar ist. Die große Mehrheit der Hochschulabsolventen steht nach der Uni auf der Straße, findet mit Glück höchstens einen Aushilfsjob für einen Hungerlohn oder ein gänzlich unbezahltes Praktikum.

In dieser Situation fiel die Werbung der Arbeitsagentur auf fruchtbaren Boden. Gesucht werden Fachkräfte „für die Sektoren Gesundheit, Ingenieurwesen, Lehrtätigkeit, Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Tourismus“. Voraussetzung sei, dass die Kandidaten Deutsch können. Und deswegen büffeln die jungen Spanier, die von einem guten Job mit in der Regel deutlich besserem Einkommen als in der Heimat träumen, plötzlich allerorten Deutsch.

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